Haan/Hilden Auch Jüngere kommen öfter zur Tafel
Haan/Hilden. · Die bundesweit rund 830 Tafeln müssen nach eigenen Angaben derzeit verstärkt jüngere Menschen versorgen. Die Corona-Pandemie habe dies mit verursacht. Auch Haan verzeichnet immer öfter junge Leute, die die Tafel nutzen.
Das junge Paar machte aus seiner Not keinen Hehl. „Wir haben nichts mehr zu essen“, ließen die beiden die anwesenden Mitarbeiter der Haaner Tafel jetzt bei deren Neustart in den Räumlichkeiten der Freien evangelischen Gemeinde unumwunden wissen. Alle Vorräte seien aufgebraucht. Seit etwas mehr als einer Woche hat die Ausgabestelle der Tafel wieder geöffnet und so freute sich das junge Paar, endlich wieder Lebensmittel in den Kühlschrank füllen zu können.
Um 40 Prozent ist die Zahl der Tafelkunden in Haan seit April angewachsen (wir berichteten) – auf 150 Haushalte mit mehr als 400 Personen. Das hatte, wie Geschäftsführer Hubert Gering berichtet, auch mit dem zwischenzeitlichen Liefersystem zu tun, von dem insbesondere auch weniger mobile Menschen profitierten. Wegen der Corona-Schutzverordnung und der geschlossenen Abgabestelle hatte man sich entschlossen, den Tafelkunden die Waren an die Haustür zu bringen.
Wegen Corona müssen mehr Menschen versorgt werden
Unabhängig vom allgemeinen Anstieg hat Gering aber auch festgestellt, das immer öfter junge Leute zu den Bedürftigen zählen – eine Entwicklung, mit der Haan nicht allein steht: Die bundesweit rund 830 geöffneten Tafeln müssen wegen der Corona-Krise immer mehr Menschen versorgen. „Wir haben in den letzten Wochen bei den Tafeln eine neue Form der Not erlebt“, sagt der Vorsitzende des Tafel Deutschland, Jochen Brühl. Es kämen vermehrt jüngere Menschen, die bis vor kurzem überhaupt nicht auf die Tafeln angewiesen waren „und nun vor Erleichterung weinen, weil sie etwas zu essen bekommen“. Gründe gibt es viele: Die Menschen suchten Unterstützung, weil sie selbstständig seien, in Kurzarbeit oder ihren Job oder Nebenjob aufgrund der Corona-Pandemie verloren hätten. Auch wenn die Bundesregierung bereits schnelle und unbürokratische Hilfen auf den Weg gebracht habe, seien einige Menschen in existenzielle Not geraten, betont Brühl.
Die Haaner Tafel gibt es seit 2006. Sie zählt mittlerweile 60 ehrenamtliche Mitarbeiter. „Wir führen zwar keine aktuelle Statistik über das Alter unserer Kunden, aber dass immer öfter auch junge Leute dazugehören, lässt sich schon feststellen”, sagt Geschäftsführer Gering. Gleichzeitig zeigt sich der Tafel-Bundesvorsitzende Brühl besorgt um Menschen, die schon vor der Corona-Pandemie zu den Tafeln gekommen seien. Vor allem Ältere blieben aus Angst vor Ansteckung zuhause. In Hilden haben die dortigen Tafel-Betreiber übrigens keine messbaren Veränderungen ihrer Kundenzahl feststellen können. Allerdings sei nicht jeder, der zuletzt beliefert worden sei, auch körperlich in der Lage, jetzt die wiedereröffnete Ausgabestelle zu besuchen: „Da ist zweifellos der eine oder andere zu Hause geblieben“, heißt es.