Sozialpädagogin lehrt Kinder und Jugendliche, „Nein“ zu sagen
Susanne Hentschel betreut das Kinderparlament und kämpft gegen sexuellen Missbrauch von Heranwachsenden.
Hilden. Vor etwa zwei Wochen soll ein 36-Jähriger ein achtjähriges Mädchen im Stadtpark unsittlich berührt haben. Der Asylbewerber aus dem Irak wurde binnen Stunden ermittelt und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. 2014 registrierte die Polizei im Kreis 62 Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch (bis 14 Jahre), davon vier in Hilden, teilt Polizeisprecherin Nicole Rehmann auf Anfrage mit.
Zahlen für 2015 liegen noch nicht vor. Hinweisen auf eine mögliche Gefährdung des Kindeswohls geht das Jugendamt sofort nach. Im vergangenen Jahr 100 Mal, berichtet Dirk Schatte, Leiter der Sozialen Dienste: „Dabei ging es in zwei Fällen um sexuelle Auffälligkeiten.“ Zum Vergleich: 2014 waren es sieben Fälle bei 106 Kindeswohlgefährdungsüberprüfungen. Sexueller Missbrauch in aller Öffentlichkeit ist eher selten, weiß Susanne Hentschel: „80 Prozent aller Missbrauchsfälle finden im persönlichen Umfeld des Kindes statt.“
Die Sozialpädagogin der Stadt Hilden geht seit 20 Jahren in Kindergärten und Schulen, um Kinder stark und selbstbewusst zu machen: „Damit sie Nein sagen lernen, wenn sie sich in bestimmten Situationen unwohl fühlen und unsicher sind.“ Hentschel spricht mit den Heranwachsenden — dem Alter angepasst — über gute und schlechte Geheimnisse, angenehme oder komische Berührungen und wie man sich Hilfe holen kann. Immer wichtiger wird seit einigen Jahren das Thema sexuelle Belästigung und Mobbing im Internet.
„Fast alle Viertklässler haben inzwischen einen Laptop, viele auch ein Smartphone“, stellt die Sozialpädagogin fest: „Die Welt im Netz ist sexualisiert, Täter machen sich dort getarnt an die Kinder heran. Ich schätze, dass rund 10 Prozent aller pubertierenden Mädchen im Internet schon sexuell belästigt worden sind.“ Die Anonymität im Internet wiege Kinder und Jugendliche in einer falschen Sicherheit: „Sie verleitet sie manchmal dazu, Sachen zu sagen und Dinge zu tun, die sie sonst nicht machen würden.“ Was können Eltern tun? „Verbote funktionieren nicht“, sagt Hentschel.
Mütter und Väter sollten ihre Kinder möglichst früh bei der Erkundung der Medienwelt begleiten: „Dabei geht es nicht um Kontrolle, sondern um Vertrauen. Kinder müssen wissen: Egal, was ich für eine Dummheit gemacht habe, ich kann mich an meine Eltern wenden.“ Der Umgang mit dem Internet gehört mittlerweile zum Lebensalltag der Kinder und Jugendlichen. „Sie sollen eine kritische Herangehensweise lernen, aber dabei den Spaß am Medium nicht verlieren“, beschreibt Hentschel ihren Ansatz. Väter und Mütter können sich an die Präventionsstelle im Rathaus wenden. Sie ist die einzige dieser Art im Kreis Mettmann.
„Eindeutige Verhaltensweisen auf die Erfahrung sexueller Gewalt gibt es nicht“, so Hentschel: „Wenn Kinder sich über längere Zeiträume anders verhalten als sonst, sollten Eltern dem nachgehen. Missbrauch ist immer die geplante Handlung eines Erwachsenen.“ Die Fälle selbst betreut der Allgemeine Sozialdienst des Jugendamtes. Er koordiniert die Hilfen, damit Eltern und Kindern nur einen Ansprechpartner haben. Das Jugendamt Hilden arbeitet mit vielen Kinderärzten, Erziehern, Sozialpädagogen, Psychologen, Lehrern und Übungsleitern in Vereinen eng zusammen. So ist ein Präventionsnetzwerk entstanden, das die Gefährdung von Kindern und Jugendlichen früh erkennt und im besten Fall verhindert.