Stadt Hilden bleibt auf den Kosten für Flüchtlinge sitzen
Sozialdezernent Sönke Eichner erklärt, dass die Stadt mehr als die Hälfte der Kosten bezahlt, das Land zu wenig.
Hilden. 704 Asylsuchende hat die Stadt Hilden aktuell aufgenommen. Sie sind in städtischen Unterkünften untergebracht und werden betreut. „Jeder Geflüchtete in Hilden bekommt nach seiner Ankunft ein Angebot zu einem Sprachkursus“, berichtet Flüchtlingsbeauftragte Michaela Neisser. Das sind die guten Nachrichten. Es gibt auch schlechte.
Das Land lässt die Stadt bei der Finanzierung im Stich. Hilden ist eine der wenigen Kommunen im Land, die die betriebswirtschaftlichen Kosten für die Flüchtlinge ermittelt und mit den Landeszuschüssen abgeglichen haben — und zwar seit 2005. Zehn Jahre lang bis 2014 hat die Landesregierung im Schnitt gerade einmal 14 Prozent der tatsächlichen Kosten bezahlt. Obwohl es sich doch zweifelsfrei um eine gesamtstaatliche Aufgabe handelt. 2015 stieg der Landesanteil auf 45,5 Prozent, 2016 auf 71,5 Prozent. „Zwar ist der Zuschussanteil durch die erheblich verbesserte Landesförderung in 2016 merkbar gestiegen“, stellt Sozialdezernent Sönke Eichner fest. „Weit über die Hälfte der Kosten muss jedoch allein von der Stadt Hilden getragen werden.“
Zum Vergleich: 2016 zahlte die Kommune 2,246 Millionen Euro aus eigener Tasche für die Betreuung und Unterbringung (das Land übernahm 5,6 Millionen Euro oder 71 Prozent). Wenn dafür das Land zu 100 Prozent aufkommen würde wie etwa in Bayern, würde das aktuelle Hildener Haushaltsdefizit nicht vier Millionen, sondern nur 1,8 Millionen Euro betragen.
Claudia Schlottmann, Landtagsabgeordnete der CDU
Seit Jahresbeginn zahlt das Land für jeden aufgenommenen Flüchtling eine Pauschale von 833,33 Euro im Monat. Abgerechnet wird monatlich. Ob das zu einer besseren Kostendeckung führt, kann Eichner noch nicht sagen: „Sicher ist jedoch, dass diese Pauschale nur so lange gewährt wird, wie der Geflüchtete im Erstverfahren ist.“ Wird der Asylantrag abgelehnt, der Geflüchtete klagt dagegen oder erhält er eine Duldung, muss all diese Folgekosten allein die Stadt Hilden tragen. „Die Flüchtlingsfinanzierung durch das Land ist weiterhin unzureichend“, fürchtet der Sozialdezernent.
Die neue schwarz-gelbe Landesregierung hat sich zu diesem Thema noch nicht positioniert. „Ich werde versuchen, dies deutlich gerechter zu regeln als bisher“, verspricht die frisch gewählte Landtagsabgeordnete Claudia Schlottmann aus Hilden. „Wir haben die Finanzierung lange kritisiert. Ob das dann am Ende auch klappt, muss man sehen.“ Die Sitze in den Ausschüssen des Landtags seien noch nicht verteilt: „Wenn ich nicht im Fachausschuss bin, ist es schwer, direkten Einfluss zu nehmen.“
Zusätzlich zu den 704 genannten muss Hilden weitere 85 Flüchtlinge aufnehmen, um seine Quote zu erfüllen. Hinzu kommen 149 Schutzsuchende mit Bleiberecht und Wohnsitzauflage. „Diese Zahl steigt monatlich“, berichtet Eichner. Für diese Menschen Wohnungen in Hilden zu finden, ist kaum möglich, so Neisser. Mangels Alternative müssen sie in den städtischen Unterkünften bleiben. Einschließlich der geplanten Projekte kann Hilden rund 1550 Flüchtlinge an 21 Standorten unterbringen. Ende vergangenen Jahres hatte die Verwaltung mit 1400 Flüchtlingen in Hilden gerechnet. Diese Zahl wurde nicht erreicht — wird es aber in diesem Jahr, sagt Sönke Eichner voraus.
Im vergangenen Jahr durften nach Entscheidung des Bundesamts für Migration 240 000 Flüchtlinge in Deutschland bleiben, weil sie anerkannt sind, Schutz erhielten oder nicht abgeschoben werden durften. Der Asylantrag von 170 000 Flüchtlingen wurde abgelehnt. Rund 55 000 haben Deutschland freiwillig verlassen, schätzt das Bundesamt. Bis September 2016 wurden laut Bundespolizei 19 914 abgelehnte Asylbewerber abgeschoben, für ganz 2016 schätzt man rund 26 000. Ende April 2017 waren noch 232 493 Asylverfahren anhängig.