Stadtbücherei einmal ganz privat
Die Büchereien in Haan und Hilden boten ihren Besuchern bei der „Nacht der Bibliotheken“ Außergewöhnliches.
Hilden/Haan. Vielen Eltern pubertierender Kinder mochte diese Szenerie bekannt vorkommen: Socken, eine zerknitterte Hose und ein Pullover waren unweit von X-Box und PlayStation 4 auf dem Boden verstreut. Doch die Kleider hatte nicht etwa einer der Gäste in die Ecke gepfeffert: „Wir wollten alles so herrichten wie in einem typischen Jugendzimmer“, erklärte Claudia Büchel, Leiterin der Stadtbücherei Hilden. Sie empfing am Freitagabend am Nové-Mesto-Platz rund 300 Besucher im betont legeren Outfit und erklärte schmunzelnd: „Heute darf man auch in Jogginghosen herumlaufen.“
„The place to be“, das Motto der landesweiten „Nacht der Bibliotheken“, erfüllte die Hildener Einrichtung auf besonders charmante Weise mit Leben. „Wir sind nicht nur ein Haus der Bücher, man kann sich hier wie zu Hause fühlen“, sagte Büchel. Im „Wohnzimmer“ im Erdgeschoss machten es sich Filmfreunde vor dem großen Bildschirm gemütlich und knabberten Chips, im „Badezimmer“ ließen sich insbesondere weibliche Gäste ihre Haare aufhübschen und im mit Bierkästen ausgestatteten „Herrensalon“ weckte zwischen den Bücherregalen die Carrera-Bahn das Kind im Manne — wie zum Beispiel bei Alexander Roskamp: „So eine Bahn hatten wir früher auch zuhause“, verriet der Hildener. Seine Schwester Sonja lobte derweil das „schöne Angebot und die lockere Atmosphäre.“
Im „Partykeller“ konnten die Gäste jeweils die Musiksender ihrer Wahl auf Kopfhörern empfangen und dazu tanzen. Und wer zwischendurch ein bisschen Entspannung suchte, fand sie im „Schlafzimmer“ in der zweiten Etage. Dort posierten Martin Kappen und seine Freunde Holger Mielke und Jo Meißner für ein gemeinsames Foto auf dem Bett — und der große Kuschelteddy durfte dabei nicht fehlen. Kappen hätte auch auf Pantoffeln in die Bücherei kommen können: „Ich wohne ganz in der Nähe und bin oft hier, um Bücher und Filme auszuleihen.“ Zu den Stammkunden der Stadtbücherei Haan gehören derweil Bernd Ulrich Fabian und seine Ehefrau Sylvia. „Ich lese gern Science Fiction-Erzählungen“, erzählte der Haaner, „und meine Frau ist für allerlei Romane, aber auch Reisebücher zu haben.“ Vor ihrer letzten Urlaubsreise habe sie sich einen ganzen Packen Bücher ausgeliehen, ergänzte Sylvia Fabian. Das Programm zur Nacht der Bibliotheken in der Bücherei am Neuen Markt wollten sich die beiden nicht entgehen lassen: Die Schauspieler Verena Bill und Michael Koenen machten den Raum zwischen den Bücherregalen zur Bühne und brachten ihrem Publikum humoristische Kurzgeschichten näher. Dabei bewegten sie sich auch zwischen den Stuhlreihen und sprachen die rund 60 Zuschauer mitunter direkt an. Für die heiter-pointierte Klavierbegleitung sorgte ihr Mitstreiter Thomas Lillig.
Zur Stärkung zwischen den zwei Aufführungsblöcken servierten Bücherei-Leiter Roman Reinders und Mitglieder des Freundeskreises der Stadtbücherei Hot Dogs und schenkten Getränke aus. „Solche Veranstaltungen“, resümierte Sylvia Fabian, „sind wirklich eine Bereicherung für die Stadt.“