Traum vom Naturkostladen soll weiter gehen
Im Herbst verlässt das Biogeschäft „Guten Morgen“ sein Lokal an der Heiligenstraße.
Hilden. Der Naturkostladen von Yamina Merzougui erinnert an vergangene Zeiten, in denen die Kunden in kleinen Tante-Emma-Läden einkauften. Ein Stückchen heile Welt auf 90 Quadratmetern: Im Eingangsbereich stapeln sich Kisten mit frischem Obst und Gemüse, in der Verkaufstheke liegen Brote und Teilchen, und in den Holzregalen finden sich weitere Lebensmittel, Säfte, seltene Getreidesorten — ja sogar Farbe und Tiernahrung. Handbeschriftete Etiketten weisen auf die Preise hin.
„Wir haben alles. Wir sind wie ein kleiner Supermarkt für biologische Produkte“, sagt die Besitzerin. Rund 4000 Produkte umfasst das Sortiment. Yamina Merzougui führt den Naturkostladen „Guten Morgen“ an der Heiligenstraße nun schon im 35. Jahr. Doch Ende September muss sie ihr Ladenlokal verlassen. Ihr Mietvertrag wurde leider nicht mehr verlängert.
Aufgeben möchte sie ihren Traum aber nicht. Sie sucht derzeit nach einem neuen Ladenlokal, doch das ist nicht so leicht: „Zwar stehen in Hilden viele Ladenlokale leer, aber das Problem ist, dass ich keinen finde, der für uns passt“, sagt sie. Denn für ihr Geschäft braucht sie Platz — etwa für den Kompost, für die Motoren der Kühlgeräte, die nur außerhalb vom Laden stehen können, da sie Wärme ausstrahlen.
Gut erinnert die 55-Jährige sich an ihre Anfänge: Damals, es war anfang der 1980er Jahre, waren Bioläden noch nicht verbreitet. Die Hildenerin hatte eine Reformhauslehre begonnen. „Doch das, was mir am Herzen lag, der biologische Anbau, den gab es da nicht“, erzählt sie. Also hat sie kurz darauf ihren eigenen Lieferservice für biologische Produkte gegründet. Ihr Lager war in dem Ladenlokal ihres heutigen Naturkostladens.
Es war 1982, als Yamina Merzougui schließlich ihr Geschäft eröffnete: Damals nur in der vorderen Hälfte. „Die Wände haben wir nach und nach in Eigenregie abgerissen und ihn nach hinten erweitert.“ Doch mehr Platz brauchte sie zu Beginn nicht: Es gab damals nicht viele Produkte. Die Bio-Szene war klein. „Bundesweit gab es circa 100 solcher Läden“, schätzt sie.
Mittlerweile ist die Szene gewachsen. Und doch muss Yamina Merzougui haushalten. Denn gerade, und das klingt paradox, der Trend zu Bio-Lebensmitteln setzt dem kleinen Laden zu: „Wir haben zwar 4000 Produkte, aber nur 100 davon sind der Renner“, erzählt sie. Und die bekommen die Kunden nicht mehr nur bei ihr, sondern auch in anderen Handelsketten, etwa im Drogeriemarkt oder bei Discountern.
Da die gängigen Produkte in den großen Supermärkten verkauft werden, hat sich Yamina Merzougui Nischen gesucht. In ihrem Naturkostladen bietet sie eine große Vielfalt an. Mehr als 60 vegane Brotaufstriche gibt es bei ihr, 150 Teesorten und ebenso viele Gewürze.
Für die ausgefallenen Sachen schicken auch Apotheken oder Reformhäuser ihre Kunden in den Naturkostladen „Guten Morgen“. „Sie kaufen dann zwar eine Sache, aber meist sind es Dinge, die man ein mal im Jahr holt“, sagt die 55-Jährige.
Doch sie hat auch viele Stammkunden im Laden: Neben der Fachberatung legen die Mitarbeiter — derzeit sind es mit der Inhaberin vier — viel Wert auf den persönlichen Kontakt: „Wenn jemand seit 34 Jahren hier einkaufen kommt, kennt man sich“, sagt die Ladeninhaberin, Der Naturkostladen liefert auch an Firmen, Kindergärten oder Einzelpersonen. Eine Kundin wohnt etwa im Altenheim und stellt sich jede Woche individuell ihren Einkaufsplan zusammen. „Wir wissen genau, worauf sie Wert legt.“ Viele Stammkunden sind traurig, dass Yamina Merzougui den Laden an der Heiligenstraße verlässt. „Das tut uns natürlich gut, wir merken, dass es den Leuten nicht gleichgültig ist.“