Steuerkanzlei zieht ins Mädchenwohnheim
Das Haus steht für ein Stück Haaner Industriegeschichte.
Haan. Aus zwei Büros in der Innenstadt wurde eines, etwas außerhalb. In den frisch sanierten Räumen in Ober- und Dachgeschoss des Baudenkmals Elberfelder Straße 56 eröffnete die Steuerkanzlei Garlich, Müller und Partner ihr neues Domizil. Mit einem Team von 20 Mitarbeitern betreuen die Steuerspezialisten deutschlandweit klein- und mittelständische Unternehmen, Freiberufler, Unternehmer und Privatpersonen im Bereich Steuer- und Wirtschaftsberatung. Gegründet im Jahr 1975 in Haan durch Hans Wilhelm Garlich und Hans-Peter Müller wurde die Gesellschaft im Jahr 2008 um die beiden Partner Jessica Neubeck und Birgit Sattler erweitert.
Ein Bericht über die bevorstehende Sanierung des alten Mädchenwohnheims der Firma Jung & Simons vor gut einem Jahr machte Hans-Peter Müller neugierig. Er nahm Kontakt auf zu Dariusz Maslowski. Der hatte das Denkmal dem Konzeptkünstler Klaus Rinke abgekauft, der mehr als 25 Jahre an der Elberfelder Straße gelebt und gearbeitet hatte. Von 1974 bis 2004 war Rinke Professor an der Kunstakademie in Düsseldorf. Bekannt ist sein „Zeitfeld“ aus Bahnhofsuhren im Düsseldorfer Volksgarten.
Christian Penzhorn verwöhnte bei der Eröffnung die Gäste mit Fingerfood. Der Haaner Konditor Olaf Karnstedt sorgte für süße Genüsse. Der Künstler Adam Karamanlis hatte auf allen Fluren ein gutes Dutzend seiner typischen Schaf-Bilder verteilt.
400 Quadratmeter Fläche auf zwei Etagen hat die Steuerkanzlei angemietet. Unterm Dach ist ein Teil der Decke geöffnet und gibt den Blick über zwei Geschosse frei auf die Balken der Dachkonstruktion. Unterm Dach ist auf einer Galerie Raum für das Aktenarchiv. Im Erdgeschoss soll ein Restaurant eröffnen.
Das Haus steht auch für ein Stück Haaner Industriegeschichte. Auf der anderen Seite der Elberfelder Straße errichtete die Firma Jung & Simons aus Elberfeld 1867 die erste mechanische Weberei in Haan. Hergestellt wurden hauptsächlich Futterstoffe. 1885 waren dort 322 Webstühle in Betrieb. 1899 wurde das Mädchenwohnheim gebaut, wo rund 80 Arbeiterinnen lebten. Viele Haaner gaben ihre Heimarbeit am Webstuhl auf und gingen in die Fabrik. Noch im Gründungsjahr baute Jung & Simons den erste Haaner Gasometer zur Lichtversorgung. Die Webstühle wurden von einer Dampfmaschine mit Kesselhaus angetrieben. Der Betrieb nutzte das Wasser des regulierten Hühnerbachs. 1958 beschäftige Jung & Simons etwa 750 Mitarbeiter. 1976 meldete das Traditionsunternehmen Konkurs an. An den kreativen Mitbegründer der bedeutenden Weberei erinnert noch heute der Karl-August-Jung-Platz. Red