Tagespflege-Kids ohne Kitaplätze
IG schlägt im Jugendhilfeausschuss Alarm. Vorsitzender lässt Eltern nicht zu Wort kommen.
Haan Kinder von einem bis sechs Jahre haben einen Rechtsanspruch auf Betreuung. Das Angebot kann mit der ständig steigenden Nachfrage kaum Schritt halten. 117 Kinder stehen aktuell auf der Warteliste, bestätigt Dezernentin Dagmar Formella. 51 Prozent der unter Dreijährigen werden bereits betreut, die Nachfrage tendiert gegen 60 Prozent. Die Stadt Haan hat allergrößte Mühe, den Rechtsanspruch der Eltern einzulösen. Viele Kitas sind deshalb überbelegt.
108 Mädchen und Jungen können von Tagesmüttern-/vätern betreut werden. Sie haben große Probleme, mit über drei Jahren einen Platz in einem Kindergarten zu finden, berichtet Renate Tappen von der Interessengemeinschaft Kindertagespflege im Jugendhilfeausschuss: „Kinder, die zuvor in der Tagespflege oder aber bis zum dritten Geburtstag privat zu Hause betreut wurden sowie ältere Flüchtlingskinder und neu Zugezogene haben praktisch kaum eine Chance auf einen Ü3-Betreuungsplatz.“
Zum 1. August hätten allein rund 30 Kinder aus der Tagespflege Anspruch auf einen Kita-Platz: „Eltern berichten konkret von unschönen Erfahrungen mit Kita-Leitungen, von welchen sie massiv unter Druck gesetzt fühlen, ihr Kind vorzeitig von der Tagespflege in die Kita wechseln zu lassen.“ Tappen bat, einige dieser anwesenden Eltern zu Wort kommen zu lassen. Das lehnte Vorsitzender Jochen Sack ab. Begründung: „Sonst zerstören wird das Vertrauen zwischen Kita-Trägern und Stadt.“ Die angesprochenen Fälle müssten diskret besprochen und gelöst werden.
Fakt ist: Weil die Stadt Haan selber nur einen einzigen Kindergarten betreibt, ist sie auf Zusammenarbeit mit den Kita-Trägern angewiesen. Die freien Träger können weitgehend selbst entscheiden, wen sie aufnehmen. Das führt unter anderem dazu, dass mit 67 überdurchschnittlich viele gemeindefremde Kinder Haaner Kitas besuchen — und Haaner Kindern den Platz streitig machen. Zum Vergleich: In Hilden gibt es eine Satzung, die auch die freien Träger dazu verpflichtet, auswärtige Kinder nur in Ausnahmefällen aufzunehmen. „Die Nachfrage nach Ü3-Plätzen ist in Haan enorm“, weiß auch Thomas Küppers, Vorsitzender des Stadtelternrates: „Wenn Eltern ihre Kinder in die Tagespflege geben, müssen sie später auch zeitnah einen Platz in der Kita bekommen.“ „Wir können die Tagespflege nur zusammen mit den Kindertagesstätten stützen“, will Jochen Sack offenen Streit offenbar um jeden Preis vermeiden. Er räumt ein: „Es gab und gibt Probleme beim Übergang von der Tagespflege in die Kita. Das ist aber auch in anderen Städten so.“ Die Arbeiterwohlfahrt bietet an, die Kita Käthe-Kollwitz-Straße 1 um 30 Plätze zu erweitern, darunter für zehn Kinder unter drei Jahre. Politik und Verwaltung nehmen das Angebot an. Auf Anregung der CDU soll die Stadt versuchen, dort mehr Ü3-Plätze zu schaffen. Das städtische Familienzentrum „Alleezwerge“ bezieht am 15. April seinen Neubau an der Robert-Koch-Straße 27-29. Die Container am Standort Alleestraße 8 könnten mit einer Ausnahmegenehmigung des Landesjugendamtes noch einmal drei Jahre weiter genutzt werden für maximal 30 Kinder. Für die nötige Sanierung müsste die Stadt Haan jährlich rund 83 000 Euro investieren. „Das ist kein Vorschlag der Verwaltung, nur eine Option“, stellte Formella klar. Die Politik sprach sich einstimmig dagegen aus — wegen der Kosten und weil das langfristig keine Lösung sei. Zudem sei unklar, ob Eltern ihre Kinder in so eine Kita schicken würden.