Und plötzlich ist alles anders

Vor acht Monaten wurde der Haaner in seinem Haus brutal überfallen. Dieser Tag hat sein Weltbild erschüttert.

Foto: Stephan Köhlen

Haan. Es waren vier Stunden, die das Leben von Robert Leyhausen komplett verändern sollten. Vier Stunden, an deren Ende er kaum mehr daran glaubte, dass es für ihn überhaupt noch ein Weiterleben gab. „Jetzt gleich wird’s schön warm für dich“, hatten ihm die Männer zugeraunt. Und weil sie seine Möbel und auch ihn selbst mit Brandbeschleuniger besprüht hatten, „dachte ich, jetzt bist du dran“.

Wenn Robert Leyhausen (Name von der Redaktion geändert) heute sein Haus betritt, dann wirkt er darin verloren. „Hier standen zwei Sessel und eine Couch“, weist er in den Raum, der einmal sein Wohnzimmer war. „Da ist nichts von übriggeblieben.“ Was nicht Feuer und Rauch vernichteten, das machte das Löschwasser unbrauchbar.

Robert Leyhausen, Opfer

An den nackten Wänden klebt schwarzer Ruß. „Was weg ist, ist weg, da hilft kein Nachtrauern“, sagt er. Und widerspricht sich nur wenige Sätze später: „Was mich am meisten schmerzt, ist der Verlust meiner Büchersammlung.“

Am 31. Mai vergangenen Jahres wurde Robert Leyhausen in seinem Haus in Haan überfallen. Es ist ein schönes Haus in gut situierter Umgebung mit einem großen Garten. Leyhausen kam mit seinem Wagen gerade von einem Ausflug in die Stadt zurück. Eine Nachbarin hatte den alleinstehenden Pensionär begleitet. Doch sein Haus betrat er alleine. Nach einigen Schritten im Flur — „ich wollte gerade meine Jacke ausziehen“ — stülpten ihm Unbekannte einen Sack über den Kopf. „In wenigen Sekunden war ich verpackt wie eine Mumie.“

Zwei Männer waren es, das konnte Leyhausen erkennen. „Sie sagten immer nur, wo ist dein Geld, wo ist dein Scheiß-Geld.“ Sie nahmen das Portemonnaie, doch das reichte ihnen nicht. „Sie waren brutal, haben mich geschlagen und getreten.“ Sie stachen ihm ein Messer ins Bein, drohten, ihm die Finger abzuschneiden. „Doch ich konnte immer nur dasselbe sagen: Ich hatte kein weiteres Geld im Haus.“

Er bot ihnen an, etwas von der Bank zu holen. Doch darauf gingen die Männer nicht ein. Immer wieder verhörten sie ihn, durchsuchten das Haus, nahmen Uhren, goldene Manschettenknöpfe und Kameras an sich. Sie fesselten ihn im Keller mit Kabelbindern an einen Lehnstuhl. „Dabei waren sie ganz leise. Ich hörte nie, wo sie gerade waren.“

Am Ende haben die Männer sein Haus tatsächlich angezündet. Zuvor hatten sie ihn auf der Terrasse abgeladen. Wie ein Paket. Dennoch, Alpträume hat er nicht. „Mir läuft nichts nach“, sagt der 83-Jährige.

Doch nun ist nichts mehr, wie es einmal war. Noch viele Wochen nach der Tat wohnte er in einem Hotel, fühlte sich dort aber nicht wohl. Jetzt lebt er in einem kleinen Appartement. Seine Adresse will er nicht nennen. Weder an seiner Wohnungstüre, noch an seinem Briefkasten ist ein Name zu lesen. Denn dass ein Beschäftigter des städtischen Tiefbauamtes einer der Mittäter sein soll, hat sein Vertrauen zutiefst erschüttert. Wem soll man da noch glauben? „Ich bleibe lieber anonym“, sagt Leyhausen.

Ob er jemals wieder in seinem Haaner Haus leben kann? „Ich weiß nicht“, überlegt er. Immer wieder erhält er Angebote für die Immobilie. „Ich könnte verkaufen, jeden Tag, mehrmals.“ Doch sein größter Wunsch ist es, das Haus wieder instand zu setzen. „Das Gebäude ist intakt. Die Statik ist in Ordnung.“ Leyhausen blickt durch die von Ruß eingetrübten Fenster auf die Terrasse. „Ich lebe seit 1977 hier. In meinem Garten haben mich jeden Tag die Rehe besucht.“

Dass sein Haus auch acht Monate nach dem Überfall noch so aussieht, liegt daran, dass die Versicherung nicht zahlt. „Ich habe Riesen-Schwierigkeiten“, erzählt er. Leyhausen hat sich zwischenzeitlich einen Anwalt genommen, schüttelt über die Argumente seiner Gebäudeversicherung ungläubig den Kopf. „Da geht es um ein paar Quadratmeter.“ Der Haaner fühlt sich im Stich gelassen.

Nicht von allen. Nicht von den Nachbarn, die ihm in erster Not Kleidung und Logis anboten. Nicht von der Kripo, die ihn immer „mit viel Freundlichkeit behandelt hat. Davon bin ich tief beeindruckt“. Doch in seinem Wohnzimmer, umgeben von philosophischer Literatur, glaubte er noch an Fairness, Recht und Ordnung. Jetzt schimpft er über Politiker und Versicherungen. Am Ende ist er nur eines: fassungslos.