Weihrauch gehört zum Fest dazu

Über den Duft kirchlicher Tradition und Besinnlichkeit.

Foto: Olaf Staschik

Haan. Zur Geburt Jesus Christi brachten die Heiligen Drei Könige wertvolle Geschenke. Gold stand für die Verehrung des Königs, Weihrauch für die Verehrung Gottes und Myrrhe für die Sterblichkeit des Menschen, da es zur Einbalsamierung Toter genutzt wurde. Die Symbolik der drei Mitbringsel fasst sich wie folgt zusammen: Jesus ist König, Gottes Sohn, aber auch Mensch. „Wir feiern in der katholischen Kirche den Gottesdienst mit allen Sinnen“, sagt Pfarrer Reiner Nieswandt, der aktuell auch die Hildener Pfarrei mit leitet.

Das Weihwasser fühlen, Brot und Wein schmecken, Gesang und Gebet hören, Kirche und Gemeinde sehen — und den Weihrauch riechen. Seit zwei Jahren gibt es ein neues, handgefertigtes Weihrauchfass in der Gruitener St. Nikolaus-Kirche. Schon in seiner Grundform strahlt der Weihrauch mit seiner gold-gelben Farbe eine gewisse Besonderheit aus. Das getrocknete Harz des Weihrauchbaums hat allerdings noch keinen Geruch. Erst das Verbrennen lässt den typischen, süßlich-schweren Geruch entstehen.

Der ist auch nicht für jeden etwas. „Natürlich kann es vom Rauch in der gut gefüllten Kirche zu Reizungen der Atemwege kommen“, weiß Kaplan Alfons Holländer. „Dennoch ist noch keiner bekifft aus der Kirche gegangen“, sagt Nieswandt nur halb im Scherz. Denn die Wissenschaft ging dem Phänomen Weihrauch bereits nach: „Studien zufolge ist der auch in Marihuana enthaltene Wirkstoff THC im Weihrauch aber nicht nachweisbar“, betont der Pfarrer. Für die Weihrauchzeremonie wird etwas von dem Harz mit einem Löffel aus dem Schiffchen in das Weihrauchfass gegeben.

Ein Stück Kohle entzündet das Baumharz und hält es in Brand. An drei Ketten ist das Weihrauchfass befestigt, kann so ganz nach Wunsch schwingen und den Rauch im Kirchenraum verbreiten. Eine vierte Kette dient dazu, den Deckel etwas anzuheben — so gelangt mehr Sauerstoff an die Räucherware. „Für Kinder und Jugendliche ist dieser typische Griff manchmal noch ein Problem“, sagt Kaplan Alfons Holländer, da ein Finger zum Aufhalten des Deckels abgespreizt werden muss. Wie das Weihrauchfass richtig geschwungen wird, zeigt Pfarrer Nieswandt: Die Ketten mit der freien Hand in der Mitte fassen. So verkürzt sich das untere und das obere Kettenende hängt etwas durch.

In der Schwingbewegung stößt nun das rauchende Fass mit einem leichten Klang an die hängende Kette. „Wir nehmen für die Inzensierung häufig ältere Messdiener“, sagt Nieswandt. Jüngere würden sich das oft noch nicht zutrauen. „Oman auf der südlichen arabischen Halbinsel sowie Somalia und Eritrea in Nordostafrika sind die Hauptländer für den Export von Weihrauch“, weiß Nieswandt.

Im trockenen Klima fühlt sich der Weihrauchbaum besonders wohl. „Die Bestände sind allerdings durch Überbeanspruchung gefährdet“, erklärt Nieswandt. Zur Gewinnung des edlen Harzes wird der Baum angeritzt. Das zuerst austretende Harz wird nicht genutzt. „Es hat viele Verunreinigungen“, erklärt Holländer. Später gibt der Baum das qualitativ hochwertige Harz ab. „Für liturgische Zwecke nehmen wir grundsätzlich den reinen Weihrauch“, sagt der Kaplan. Nur um, beispielsweise während der Katechese, Kindern und Jugendlichen verschiedene Sorten zu zeigen, werde auch mal unreiner Weihrauch entzündet. Dieser wird zum Beispiel mit Myrrhe, Sandelholz, Lavendel und anderen natürlichen Duftstoffen versetzt — „und im esoterischen Bereich verwendet“.