Siebte Auflage „Kunst wird sichtbar“ Wenn die Kunst zur Therapie wird

Haan · Rund 30 Werke von Gregor Hellmann (39) werden in diesem August das Schaufenster der Stadtbücherei schmücken. Die Aktion des Haaner Kunstvereins für mehr künstlerische Sichtbarkeit in der Stadt geht in die siebte Runde.

Gregor Hellmann bringt die Leute nicht nur mit „Schneemalerei“ zum Nachdenken.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Für Gregor Hellmann ist Kunst eine Form der Therapie. Mit Farben, Pinseln und verschiedenen Gestaltungstechniken verarbeitet der 39-Jährige seiner Gefühlswelt. Keine einfache, wie er offen zugibt. Denn was man dem offenherzigen Mann mit gewinnendem Lächeln im Gesicht nicht ansieht: Er ist vor vielen Jahren psychisch erkrankt und befindet sich seit 2006 in Betreuung. Den täglichen Kampf mit seiner Erkrankung nimmt er dank der Kunst gelassener hin, häufig mit Humor. Für ihn ist Kunst ein hilfreiches Ventil.

„Schon in der Schule wurde mein Interesse für Kunst geweckt“, erzählt er. In seiner Kindheit habe er immer gerne gemalt, mit Farben experimentiert. 2012 besuchte er zwei Malschulen und bildete sich selbst als Autodidakt immer weiter, schloss sich Künstlervereinigungen an und präsentierte seine Werke in der Öffentlichkeit.

Seine erste eigene Ausstellung, erinnert er sich, fand 2017 im Café im Dorf statt, nachdem er 2016 dem Haaner Kunstverein beigetreten war. Danach folgten Gemeinschaftsausstellungen in Düsseldorf und nun, dank des neuen Projekts des Haaner Kunstvereins in Kooperation mit der Stadtbücherei, prominent am Neuen Markt der Gartenstadt. Für ihn ein gigantisches Privileg, wie er stolz erzählt: „Das ist absolut prestigefördernd, hier auszustellen.“

Seit Anfang des Jahres bekommen Mitglieder des Haaner Kunstvereins Gelegenheit, einen Teil ihrer Werke für einen Monat im Schaufenster der Stadtbücherei auszustellen, um so, unter dem Motto „Kunst wird sichtbar“ das künstlerische Schaffen der Mitglieder zu präsentieren. Nach Joachim Bungert, Jutta Pauly, Mathilde Jörgens, Christof Kedzierski, Anja Beier und zuletzt Lothar Schmeink, ist für den anstehenden August nun Gregor Hellmann an der Reihe.

Seine Werke, Malereien und Collagen, wecken aufgrund ihrer lebhaften Farben und Formen das Interesse. Einige sind abstrakt, andere Landschaftsmalereien in der Abenddämmerung, wie etwa unregelmäßige Bergketten. In seiner Ausstellung finden sich aber auch Zeichnungen von Bäumen wieder. Hellmann malt, was er sieht, verewigt auf Leinwand, was er im Moment fühlt.

Wie lange er jeweils an seinen Werken sitzt, mag er gar nicht sagen. „Wenn ich male, bin ich wie in einem Rausch“, beschreibt er. Er vergesse alles um sich herum. Die Malerei, sagt er strahlend, mache ihn glücklich, obwohl er eigentlich der Meinung ist, im Leben nur wenig Glück zu haben. Deswegen beschwört er es aktiv herauf, indem er die Letter groß und glänzend auf einer seiner Leinwände verewigt. „Das Bild mit dem Wort Glück ist eines meiner Lieblingsbilder“, verrät er dann. Indem er es sich bildlich immer wieder vor Augen führt, empfindet er für diesen Moment jenes Glück, das er sich so sehr herbeisehnt.

Seine kindliche Neugier bringe ihn darüber hinaus immer wieder dazu, neue Techniken zu erarbeiten, wie etwa seine ganz eigene, die Schneemalerei. „Für mich war das eine logische Konsequenz, nach Wasser mit Schnee zu malen.“ Wie er seine Schneebilder herstellt, will er nicht verraten. Doch der Anblick der abstrakten Malereien mit verschiedenen Farben und Strukturen weckt das Interesse. Der Betrachter versucht, Formen im vermeintlichen Chaos zu finden und entdeckt sich nach einigen Minuten dabei selbst in der Spiegelung des Schaufensters, wie er angestrengt davor steht und den Kopf nach links und rechts neigt.

Auch Bibliotheksleiter Roman Reinders bereitet die neue Kooperation mit dem Kunstverein und den monatlich wechselnden Ausstellungen große Freude. Und zwar nicht nur, weil er von seinem Arbeitsplatz am Empfang einen direkten Blick auf Bilder und Passanten werfen kann. „Die Künstler freuen sich über diese Gelegenheit. Die Passanten bleiben stehen, unterhalten sich über die Bilder.“ Für ihn ein gelungenes Projekt. „Wäre ich ein Geschäft, müsste ich für teures Geld eine Schaufensterdekorateur bezahlen, damit die Leute hier hereingucken. So habe ich mit schönen Kunstwerken tolle Hingucker.“ Eine absolute Win-win-Situation für die örtlichen Künstler, Stadtbücherei und die Haaner Bürger.