Wie Elbseeschüler blindes Vertrauen einüben können

Das Projekt „Ein ganz normaler Tag“ bietet die Möglichkeit, Einblick in den Alltag eines Körperbehinderten zu gewinnen.

Foto: Olaf Staschik

Hilden. Die Herbstsonne strahlt aus wolkenlosem Himmel auf den Schulhof der Elbseegrundschule. Marie setzt sich einen Fahrradhelm auf und besteigt den hinteren Sitz eines Tandems. Tandem fahren — das alleine ist schon ungewöhnlich, ganz besonders aber wird es, als ihr der „Pilot“ (der vordere Fahrer) eine schwarze Augenmaske aufsetzt. Sehen kann die Viertklässlerin nun nichts mehr, alles ist schwarz.

Ihr Pilot, Mitglied des ADFC, fährt mit Marie kreuz und quer, hin und her, über holperige Wege, nach links, nach rechts. Marie soll lernen, wie es sich anfühlt, die Orientierung zu verlieren, ausgeliefert zu sein. „Das war richtig spannend“, sagt die Neunjährige ehrlich beeindruckt und nimmt sichtlich erleichtert die Maske ab. Auch Luis hat sich auf das Experiment eingelassen. „Ich kann jetzt besser verstehen, wie es sich anfühlt, nichts sehen zu können.“

Im Innenhof ziehen einige kleine Menschen gerade dicke Westen an. Mitarbeiter der Weik-Stiftung, die das Projekt anbietet, behängen die Kinder zusätzlich mit Gewichten. „Hier sollen sie lernen, wie es sich anfühlt, dick zu sein“, erklärt Elmar Widera. Auch das ist ein Handicap — und Anlass für Hänseleien. „Das Ziel unseres Projektes ist es, zu zeigen, dass auch Menschen mit Behinderung einen Alltag, also einen für sie ganz normalen Tag leben, zu anderen natürlich Kinder für Menschen mit körperlichen Handicaps zu sensibilisieren“, sagt Widera.

Britta Roßbach-Gitler ist Mutter einer Zweitklässlerin mit Down Syndrom. Sie würde sich wünschen, dass das Projekt auch geistige Behinderungen mit einbezieht. „Für Johanna kann eine einfache Plusaufgabe unlösbar sein.

Damit das die anderen besser verstehen, könnte man mal Hieroglyphen an die Tafel malen und die Kinder fragen, was denn da steht.“ Immer wieder wechseln die acht Klassen die Stationen, fahren in Rollstühlen, lernen das Gehörlosenalphabet kennen und die Braillleschrift (Blindenschrift).

Für Schulleiterin Chirstiane Gierke ist das Projekt eine wirkliche Bereicherung: „Gerade wir als Inkusionsschwerpunktschule sind wir täglich mit dem Thema Behinderung konfrontiert. Für unsere Kinder ist der Umgang mit gehandicapten Mitschülern zwar Alltag, aber man kann sie nicht genug sensibilisieren.“ Petra Winke ist blind. Rund zehn Erstklässler sitzen vor ihr. Kindgerecht erklärt sie, wie Blindeschrift funktioniert.