„Wunsch nach Sterbehilfe ist nachvollziehbar“
Der Haaner Awo-Vorsitzende Frieder Wangen spricht über Selbstbestimmung zum Lebensende.
Herr Angern, in der Diskussionsrunde, die Sie leiten werden, wird „Sterbehilfe“ auch ein Thema sein. Haben Sie für sich selbst schon entschieden, ob es eine Situation geben könnte, in der Sie eine solche Möglichkeit in Anspruch nehmen würden? Frieder Angern: Das kann ich mir im Sinne einer Beihilfe zur Selbsttötung nicht vorstellen. Passive Sterbehilfe ja: Ich habe in der Patientenverfügung meine ganz persönlichen Vorstellungen formuliert. Allerdings weiß ich nicht, in welche Krankheitssituation ich kommen werde und wie ich dann darüber denke. Es ist n möglich, dass ich meine Ansicht dann noch ändern würde.
Es gibt Krankheitsverläufe, die auch mit der besten palliativen Versorgung nicht gut behandelbar sind. Ist der Wunsch nach Sterbehilfe in einer solchen Situation nicht menschlich und nachvollziehbar? Angern: Natürlich ist er das. Das ist immer eine zutiefst persönliche Frage, in der man keine allgemein moralischen Maßstäbe anlegen sollte. Aber es ist eben auch so, dass die Zurückbleibenden damit leben müssen. Immer wieder hört man davon, dass Sterbenskranke noch operiert, mit Chemotherapien behandelt oder mit künstlicher Beatmung am Leben gehalten werden, weil Kliniken jenseits von Fallpauschalen damit Geld verdienen können. In Ihrer Runde wird auch ein Palliativmediziner des Haaner Krankenhauses sitzen. Werden Sie Ihn darauf ansprechen? Angern. Ja, selbstverständlich weiche ich solchen Fragen nicht aus. Wir möchten mit der Diskussion nicht an der Oberfläche bleiben. Das Thema kann nur mit einem offenen und ehrlichen Gespräch aus der Tabuzone geholt werden und ich hoffe ganz außerordentlich, dass das gelingt. Und wie sehen Sie die Sache selbst? Angern: Ich habe von solchen Fällen natürlich auch gehört. Allerdings glaube ich auch, dass sich die Kliniken umstellen müssen. Beispiele, die ich kenne, zeigen, dass in Krankenhäusern die Palliativmedizin an Bedeutung gewinnt. Es geht doch vor allem um das Vertrauen zwischen Arzt und Patient.
Ist eine solche Hoffnung realistisch vor dem Hintergrund, dass Krankenhäuser auch wirtschaftlichen Zwängen unterworfen sind und man zwangsläufig versucht, dort Geld zu verdienen, wo keine Fallpauschalen vorgeschrieben sind? Angern: Ich denke schon. Am Willen des Patienten geht kein Weg vorbei. Wenn er vorgetragen wird oder in einer Patientenverfügung festgehalten wurde, müssen sich Ärzte daran halten.