Huckepack in Sicherheit

Damit Kröten auf ihrem Weg ’zu Laichgewässern nicht unter Autoreifen enden, helfen ihnen Naturschützer morgens und abends über die Straße.

Velbert. Im hellen Schein der Taschenlampe liegt sie rücklings auf dem Asphalt, die Beine von sich gestreckt, in einer tiefroten Blutlache. „Das muss erst vor wenigen Minuten passiert sein“, vermutet Dietmar Albrecht. „In ein paar Tagen ist die platt wie ein Blatt.“

Die Dunkelheit ist für Kröten Freund und Feind: Im Schutz der Nacht werden sie nicht gefressen, dafür überfahren. Wie der Naturschutzbund Nabu mitteilt, wurden in diesem Jahr bundesweit bisher 10 000 überfahrene Amphibien gemeldet.

„Die Tiere sterben nicht nur, wenn sie mit dem Reifen überrollt werden, sondern werden auch durch den Unterdruck, der unter dem Auto entsteht, herumgeschleudert“, erklärt Albrecht, Nabu-Mitglied im Kreisverband Mettmann.

Tatort ist hier die Bleibergstraße in Velbert am Schutzzaun Nr. 685. 200 Meter Kunststoff und zehn Eimer sollen Erdkröten, Grasfrösche und Molche davon abhalten, auf ihrem Weg zum Teich an der Bleibergquelle die Straße zu überqueren.

Seit Ende Februar kontrolliert der Nabu täglich die Anlage, um die Amphibien einzusammeln, die ihr Winterquartier im Wald verlassen haben und zu ihren Laichplätzen wandern.

An diesem Abend gehört Markus Rebbe zur Schutztruppe. In Warnweste, die Kapuze seines Pullis über den Kopf gezogen, hält er einen Eimer in der einen, die Taschenlampe in der anderen Hand und beugt sich über den Zaun.

Am Berufskolleg absolviert er eine Ausbildung zum Erzieher und einen Bachelor im Fach „Soziale Arbeit“. Mit 17 weiteren Azubis nimmt er am Workshop „Amphibien“ teil, den der Nabu in Kooperation mit der Diakonie Bleibergquelle anbietet: Drei Wochen lang übernehmen die Teilnehmer abwechselnd die Kontrolle der Eimer, Fangzäune und Wege — morgens und abends.

„Hier werden wir noch nichts finden“, sagt Albrecht, „dafür ist es noch zu hell.“ 20 Uhr, die Dämmerung ist gerade erst hereingebrochen. „Außerdem befinden sich viele Tiere bereits auf der Rückwanderung, haben das Laichen also abgeschlossen. Da müssen wir mal rüber zum Teich.“

Je dunkler es wird, desto mehr Tiere trauen sich aus den Büschen und dem Tümpel. Es wird kühler, der Deilbach rauscht, vereinzelt ist ein Quaken zu hören. „Teichfrösche, die die ganze Nacht durchquaken, haben wir hier nicht“, sagt Albrecht. Dafür reichlich Erdkröten, von denen bislang 1300 registriert wurden.

Einige kommen an diesem Abend noch dazu: Markus Rebbe stupst die Kröten, die in die Handinnenfläche passen, behutsam in den Eimer und lässt sie später ebenso behutsam wieder ins blättrig-erdige Dickicht entschwinden. Auch wenn die warzige, gewürzgurkengrüne Haut, die von einem glitschigen Sekret überzogen ist, nicht auf den ersten Blick darauf hindeutet: „Das sind schöne Tiere“, findet Rebbe. „Die haben richtig tolle, lange Beine.“

Auf dem Bürgersteig leuchtet eine weitere Taschenlampe die Netze ab. Sie gehört Regina Karge, Albrechts Kollegin im Nabu. Auf ihrer Hand hockt ein grau-braunes Krötenexemplar: „Die ist ganz ausgetrocknet“, sagt Karge mitleidig. „Naja, staubig“, beschwichtigt Albrecht.

Doch seine Mitstreiterin sieht die Lage emotionaler: „Ich bringe sie mal zum Teich und tauche sie ins Wasser.“ Nicht ihre letzte Mission an diesem Abend: „Ich fahre noch nach Langenhorst. Da hole ich Kröten aus dem Gully, die in die Löcher geplumpst sind. Ich kann die einfach nicht darin liegenlassen.“