Bedarf an Schulbegleitern steigt
Immer mehr Kindern mit „seelischer Behinderung“ werden Sozialarbeiter an die Seite gestellt.
Langenfeld. Der neunjährige Bastian ist unruhig, kann kaum auf dem Stuhl sitzen bleiben. Immer wieder stört er den Unterricht durch Zwischenrufe und ärgert seine Sitznachbarn. Beim Rechnen kommt er nicht mit, beim Lesen haben ihn seine Mitschüler längst abgehängt.
Bastian hat eine „seelische Behinderung“, wie es auf dem Papier heißt. Eine nicht körperliche oder geistige Beeinträchtigung, die ihn an der „Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt oder droht zu beeinträchtigen“.
Wegen der Verhaltensauffälligkeit, die von Experten als sogenannte seelische Behinderung diagnostiziert wurde, haben Bastians Eltern einen gesetzlichen Anspruch auf sogenannte Eingliederungshilfen. In den meisten Fällen tritt ein Schulbegleiter an die Seite, der den Kindern mit Defiziten im Unterricht hilft.
Die Schulbegleiter (oder auch Integrationshelfer) werden an Förderschulen, aber auch immer häufiger an Regelschulen eingesetzt. „Und der Bedarf ist enorm“, sagt Ulrich Moenen, Fachbereichsleiter Jugend, Schule, Sport.
2004 gab die Stadt Langenfeld 15 000 Euro für den Bereich der Eingliederungshilfen für Kinder mit seelischer Behinderung aus, 2011 waren es rund 560 000 Euro. „Das sind die Personalkosten“, sagt Moenen und rechnet vor: „Wird ein Kind ein Schuljahr lang jeden Tag etwa fünf Stunden durch einen Schulbegleiter betreut, entstehen Kosten von 25 000 Euro. Und das drückt die Kommunen erheblich.“
Moenen stellt nicht die Förderung der Kinder infrage, vielmehr „stelle ich die Frage, wer die Kosten zu tragen haben sollte“, sagt er. Denn: Die Kosten für Eingliederungshilfen für geistig und körperlich behinderte Kinder teilen sich Land und Bund, für die immer stärker nachgefragten Eingliederungshilfen für seelisch behinderte Kinder kommen die Kommunen finanziell auf. „Wenn diese Kosten weiter steigen, weiß ich nicht, wie das finanziert werden soll“, sagt Moenen.
Und die Statistik lässt das erwarten: Um 100 Prozent stiegen die diagnostizierten Fälle von seelischer Behinderung bei Kindern in den vergangenen 15 Jahren. „Und trotz der demografischen Entwicklung geht man davon aus, dass die Zahl der Fälle weiter steigt“, sagt Moenen.
Vor drei Jahren setzte die Stadt zum ersten Mal einen Schulbegleiter ein, mittlerweile ist der Bedarf so groß, dass das Fachpersonal ausgeht. „Es muss auf ungelerntes Personal zurückgegriffen werden“, sagt Moenen. Und das sei das Problem: „Wenn in einem Klassenraum ein Lehrer und vier Schulbegleiter sind, gibt es langsam Platzprobleme. Und wenn das Personal dann nicht mal qualifiziert ist, sorgt das Mehr an Erwachsenen nicht gerade für mehr Ruhe im Raum. Dann herrscht nämlich Chaos“, sagt Moenen.
Individuelle Leistungen machen laut Moenen in diesem Fall keinen Sinn. „Wenn Kitas und Schulen immer mehr mit dem Thema konfrontiert werden, dann sollte in ein System investiert werden, das fachlich besser aufgestellt ist“, sagt Moenen.