Ein Spaziergang durch die Langenfelder Stadtgeschichte
Seit 2004 veranstaltet Manfred Stuckmann seine Verzällchen-Touren durch Langenfeld.
Langenfeld. Die Heimatstadt mal mit etwas anderen Augen sehen, Straßen und Häuser mit ihrer Historie verbinden und aufmerksam werden auf interessante Menschen, deren Leben und Schicksal mit der Stadt verbunden sind - all das bietet Manfred Stuckmann. Der 71-Jährige ist Langenfelder Urgestein, Historiker, Vorsitzender des Fördervereins des Kulturellen Forum und obendrein stellvertretender Bürgermeister - und er lädt die Bürger regelmäßig zu seinen Stadtführungen ein.
Immerhin 35 Langenfelder haben sich am Samstag eingefunden, um mit Stuckmann vom Freiherr-vom-Stein-Haus aus bis zum Rathaus quer durch die Stadt zu marschieren. "Eigentlich werden ja nur 30 Anmeldungen angenommen", erzählt Stuckmann. Aber wie so oft sei auch diesmal die Nachfrage größer - und abgewiesen wird keiner. 20 solcher Stadttouren führt er seit 2004 jedes Jahr durch.
Als Kind des Jahrgangs 1939 hat Stuckmann Flüchtlingsströme, Zerstörungen und Hunger in der Nachkriegszeit miterlebt. Damit die Teilnehmer sich besser vorstellen können, wie Langenfeld früher ausgesehen hat, zeigt er Schwarz-Weiß-Bilder von den Gebäuden, an deren Stelle gerade Halt gemacht wird.
"Nach dem Krieg ist mehr an erhaltenswerter Bausubstanz zerstört worden, als während des gesamten Krieges", erzählt er nicht ohne bitteren Unterton. Das große Hertie-Kaufhaus beispielsweise nimmt heute den Platz des "Spielmann" ein, einer Gaststätte mit reich verzierter Fassade im Villenstil um die Jahrhundertwende. Zahlreiche alte Gebäude mussten dem minimalistischen und funktionalistischen Stil der 1950er und 60er-Jahre weichen.
Die einstige Langenfelder Synagoge hingegen ist den Nazis und der Reichskristallnacht zum Opfer gefallen. An ihrer Stelle steht heute ein Fachgeschäft für Bekleidung. Am Freiherr-vom-Stein-Haus erinnert eine Gedenktafel daran.
Manfred Stuckmann schöpft bei seinen Touren aus seinem eigenen Erfahrungsschatz, aber auch aus Erzählungen alter Langenfelder sowie von Vertriebenen. "Mich interessieren die Geschichten hinter der Geschichte", fasst er zusammen. "Die Leute werden immer stromlinienförmiger, und es gibt heutzutage weniger Originale." Ob die Anekdoten um die "Originale" dabei historisch korrekt sind, sei nicht so wichtig - denn der Unterhaltungsfaktor seiner Verzällchen-Tour will ja auch erfüllt sein.
Die Reise in die Vergangenheit findet ihren Ausklang bei einer Weinprobe im Marktkarree.
"Ich fand es sehr interessant", resümiert Teilnehmerin Claudia Stenkamp. Die 45-jährige Norddeutsche nimmt zum ersten Mal an einer Führung durch die Stadt teil, die sie vor 25 Jahren zu ihrer Heimat gemacht hat. "Ich habe viel Neues gelernt", sagt sie - und denkt daran, das nächste Mal wieder dabei zu sein.