Einblick in die Gefühle einer Familienanwältin

Doris Schröder aus Monheim hat einige ihrer bewegendsten Fälle publizieren lassen.

Foto: Matzerath

Monheim. Christos Yiannopoulos ist Autor und immer auf der Suche nach Geschichten. Als er Doris Schröder kennenlernte, die in Monheim bereits seit zwanzig Jahren als Familienanwältin tätig ist, fragte er sie nach ihren Fällen. „So eine Familienanwältin kann viele Geschichten erzählen, sie hat viele Schicksale gesehen“, sagt der 59-Jährige, der von dem, was ihm Doris Schröder erzählte, sehr beeindruckt war. Deshalb schlug er ihr vor, einige der besonders bewegenden Geschichten zu sammeln und daraus ein Buch zu machen. Als er dem Verlagsteam Bastei Lübbe in Köln davon erzählte, zeigte auch dieses sich begeistert. Dann ging die Arbeit los.

Doris Schröder hat Fälle gesammelt, die so interessant sind, dass sie von einem breiten Publikum gelesen werden können. Als Familienanwältin ist sie nicht nur mit Scheidungen beschäftigt, sondern auch mit Betreuungen oder Erbrechtsfragen. „Betreuungen sind ein ganz aktuelles Thema“, sagt die 50-Jährige. „Es ist eine ganz alltägliche Sache, mit der sich Menschen auseinandersetzen müssen.“ Um Betreuungen geht es auch in der ersten der insgesamt elf Geschichten aus dem Berufsalltag der Familienanwältin, die auch Fälle außerhalb Monheims betreut. Sie heißt „Dreißig Sekunden“ und erzählt auf bewegende Weise, wie ein Kind, das bei der Geburt dreißig Sekunden ohne Sauerstoff auskommen muss, nun mit einer spastischen Behinderung leben muss, die jedoch seinen Intellekt nicht beeinträchtigt hat. Als der Junge älter wird, möchte er auf eigenen Füßen stehen, sein Leben selbst in die Hand nehmen und seinen Traumberuf — Schiffsführer — erlernen.

Doch seine Eltern, die als Betreuer das letzte Wort bei allen Entscheidungen haben, verhindern das. Sie setzen ihn unter Druck, wollen ihn in eine Behindertenwerkstatt geben. Da sie reich und einflussreich sind, haben sie Mittel und Wege, ihren Willen durchzusetzen. Der Antrag auf einen Betreuerwechsel wird abgelehnt. Der junge Mann leidet darunter und bekommt psychische Probleme. Schließlich wird er in die Psychiatrie eingewiesen.

Es ist eine Geschichte, die nicht mit einem Happy End endet. Sie zeigt, wie ohnmächtig sich zuweilen auch Doris Schröder fühlt. „Ich nehme sehr viel mit nach Hause“, verrät sie. Da sie über ein sehr starkes Gerechtigkeitsgefühl verfüge, sei es nicht immer leicht, mit den Entscheidungen zu leben. Doch oft könne sie auch helfen und das sei es, was ihr die Kraft gebe, weiterzumachen.

Ihr Buch „Zerrissen“, das sie gemeinsam mit Christos Yiannopoulos geschrieben hat, gibt interessante Einblicke in ihr vielfältiges Berufsleben. Für die Formulierung der Geschichten war Yiannopoulos zuständig. „Ansonsten hätten sie wie Schriftsätze geklungen“, meint Doris Schröder mit einem Schmunzeln. Jeder der Geschichten geht eine kleine Einführung in das jeweilige Thema und eine Erläuterung der rechtlichen Hintergründe im dargelegten Fall voraus, so dass auch Laien verstehen können, worum es in der Sache geht. Die einzelnen Fälle sind so geschildert, dass keine Zuordnung möglich ist. „Es ist kein Fachbuch und kein Ratgeber“, betont Yiannopoulos. Im Gegenteil, es ist ein spannendes Buch, das von Familien erzählt.