Hilden: Eine Schule nur für Buben
Vor 50 Jahren erhielt die Wilhelm-Fabry-Realschule ihren heutigen Namen – zuvor war es die Knabenrealschule.
Hilden. Wahrscheinlich ist die Wilhelm-Fabry-Realschule nicht traurig, dass sie nicht mehr den gleichen Namen trägt wie noch vor 50 Jahren. Damals, vor dem Juli 1960, hieß die Einrichtung noch "städtische Knaben-Realschule".
Doch der Rat entschied sich zum 400. Geburtstages des berühmten Hildener Wundarztes gegen die angestaubte Bezeichnung: Die Realschule wurde nach Wilhelm Fabry umbenannt. Die WZ blickt zum Jubiläum der Namensgebung zurück auf die ersten Jahre der Knabenschule:
Anfang der 1950er-Jahre wägt das Stadtschulamt das Für und Wider einer Realschule für Jungen in Hilden ab. Die Verwaltung schildert in einem Schreiben, dass Eltern, die ihre Söhne auf eine Realschule schicken wollen, zurzeit leider auf andere Schulen ausweichen müssen.
Das sei "in gewissem Sinne mit gefahrvollen Anfahrten verbunden". Andererseits besteht die Sorge, dass die neue Schule zu einer schwachen Unterstufe beim Helmholtz-Gymnasium führen wird.
Allen Bedenken zum Trotz: Am 19. April 1955 nimmt die Realschule mit einer offiziellen Feier - die von den damaligen Zeitungen als "schlicht" bezeichnet wird - den Unterricht auf. 80 Jungen sind angemeldet, jeder einzelne "Bub" - wie Jungs früher genannt wurden - fühlt sich als Pionier.
Für die ersten Fünftklässler wird die Feier zur Feuertaufe. Denn Pastor Friedrich Krüger ist nicht nur zum Grußwort erschienen. Er fragt die Schüler auch über Heuß, Adenauer und Bundestag aus. Beim Thema Kommunalpolitik angekommen, patzt dann ein Schüler. Der Junge weiß nicht, dass die "FWV" die freiwilligen Wähler im Stadtrat sind - er tippt auf "Freiwillige Feuerwehr". Das Gelächter ist groß.
Damals (bis 1967) heißt der Schulleiter Heinrich an Huef. Ein Mann, dem die Kinder nicht auf der Nase herumtanzen konnten. Bilder zeigen ihn in seinem Büro in Anzug und Krawatte. Das Deckhaar ist akurat zur Seite gekämmt, der Nacken ausrasiert, der Blick streng.
Die Raumsituation an der Knabenschule ist kompliziert. Das Hauptgebäude ist im alten Internatsgebäude der evangelischen Kirchengemeinde an der Gerresheimer Straße untergebracht - ein unfreundlicher Backsteinbau.
Weitere Unterrichtsräume sind im Kellergeschoss der Schule an der Augustastraße und im städtischen Jugendheim an der Klotzstraße. Die Schüler nehmen’s mit Humor. Bei einem Elternabend schenken sie Rektor an Huef einen Roller - für den langen Weg zwischen den Schulklassen.
Entlastung verspricht der Umzug in einen Neubau. Die Plannung beginnt. 1961 verkündet der damalige Stadtkämmerer Heinz Brieden im Schulausschuss etwas, das auch in heutiger Zeit noch vertraut klingt: Die veranschlagten finanziellen Mittel reichen nicht aus. Inklusive Inventar soll der Bau der Schule 3,7 Millionen Mark kosten.
1963 heißt die neue Adresse dann endlich Holterhöfchen. Da trug die Schule schon den Namen Fabrys, der Unterricht war jedoch noch immer ausschließlich den Jungen vorbehalten. Schülerinnen besuchten die "Theresienschule für Mädchen". Erst 1974 wurden nicht nur 81 Jungen, sondern erstmals auch 63 Mädchen eingeschult.
Doch auch in Zeiten der Knabenschule an der Gerresheimer Straße war das weibliche Geschlecht nicht fern. Die Mädchenschule war quasi direkt nebenan - die Jungen verrenkten sich regelmäßig den Hals.