Hilden: Ungewissheit ersetzt Angst

Die dreiköpfige Familie wohnt in einem Hildener Asylheim. In ihrer Heimat war es für die Afghanen nicht mehr sicher.

Hilden. Die Nachbarn der Familie Afridi (Namen von der Redaktion geändert) kommen aus Serbien, Äthiopien, dem Irak, Angola oder der Mongolei. In dem Flüchtlingshaus an der Hans-Sachs-Straße können sich die Bewohner nur auf Englisch verständigen. Oder mit Händen und Füßen. Jamil Afridi (25), seine Frau Ava (26) und Sohn Navid (2) kommen aus Afghanistan. Von dort mussten sie fliehen, Familie und Freunde hinter sich lassen. Über die Gründe möchte der Afghane nicht reden. Nur so viel: Es gibt kein Zurück. Der Flüchtling sagt: "Dort ist es für uns nicht mehr sicher."

Dass sie am Ende in Hilden gelandet sind, konnten sich die Afridis nicht aussuchen. Natürlich hatten sie noch nie etwas von der Stadt "Hilden" gehört. Geplant war etwas ganz anderes. "Eigentlich wollten wir nach Dänemark", sagt Jamil Afridi. Doch inzwischen fühlen sich die drei Zugezogenen wohl - nach einer schwierigen Woche der Gewöhnung. Der Familienvater lobt in englischer Sprache die Verwaltung der Itterstadt: "Wenn es einmal das kleinste Problem gab, konnte ich mich jederzeit an die Stadt wenden."

Erste Station in Deutschland war Dortmund. Bis die Zentrale Ausländerbehörde über den Flüchtlingsantrag der Familie entschieden hatte, kamen sie zuerst in einer Gemeinschaftsunterkunft mit mehr als 200 anderen Flüchtlingen unter und wurden dann nach Hilden vermittelt. Diese Zuweisung erfolgte nach einem Quotenschlüssel. Vor vier Monaten wurde der Antrag der Familie bewilligt. Jetzt darf sie überall wohnen: Berlin, Frankfurt, München. Doch der Afghane denkt an seinen Sohn. Er glaubt: "Eine große Stadt bedeutet auch große Probleme."

Im Moment bestehen die Probleme der Afridis eher in der Enge ihrer Lebenssituation. Im Hildener Übergangsheim lebt die Familie auf 21 Quadratmetern - immerhin mit Balkon. Doch einladend wirkt das Haus gegenüber eines großen Möbelhauses nicht gerade. Das Treppenhaus wird von einer zerkratzten Stahltür geschützt, die Namen auf den Klingelschildern sind kaum zu lesen. Zumindest gibt es einen Spielraum für Kinder. Der wird nur noch selten genutzt. Sozialpädagogin Marita Keko erklärt: "Heute gibt es hier gar nicht mehr so viele Familien in unseren Übergangsheimen."

Jamil Afridis Ziel ist es, wieder als Schneider arbeiten zu können - das war er schon in Afghanistan. Doch der Weg zurück zu Nadel und Faden ist nicht so leicht. Erst einmal muss der Flüchtling sein Deutsch verbessern. In Kürze startet er einen sechsmonatigen Intensivkurs, den auch Ava besuchen wird, die bislang nur Persisch spricht.

Nur der kleine Navid plappert schon munter in deutscher Sprache. Jamil Afridis lacht: "Dabei spreche ich ihn in Persisch an. Aber er will einfach nicht meine Sprache sprechen." Der aufgeweckte Junge antwortet einfach auf Deutsch. Die Eltern wollen, dass der junge Afghane zweisprachig aufwächst.

Am 1. September zieht die Familie um. Das Problem: Im Moment leben die Drei von Hartz-IV. Und das Geld ist knapp. Die Miete für die künftig 79 Quadratmeter große Wohnung bezahlt die Arge. Nur die Möbel fehlen noch. Die gehören nämlich aktuell der Stadt Hilden.