Langenfeld Wilde Tiere erobern die Wasserburg

Langenfeld · Der Comic-Rockstar Timo Wuerz lockte am Sonntag mal ein ganz anderes Publikum zur Vernissage ins alte Gemäuer. Mit seiner Ausstellung „Wild and Free“ will er eine Lanze für den Tierschutz brechen.

Timo Wuerz verfolgt mit seinen naturalistischen Tiergemälden auch ein gesellschaftspolitisches Anliegen: Er fordert, dass die Hälfte der Erdoberfläche der Natur vorbehalten werden.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

(ik) Ungewohntes Publikum für die Wasserburg Haus Graven: Irokesen, Tattoos, schwarze Kleidung, jung. „Das sind ja mal ganz andere Leute hier“, sagt Christa Buchwald-Kretzer, Mitglied im Förderverein Haus Graven. Und selbst der Vorsitzende, Lothar Marienhagen, staunt: „Und dann auch noch so viele!“ Anlass der ungewöhnlichen Besucher zur Ausstellungseröffnung „Wild and Free“ war der Auftritt von Timo Wuerz. Er gilt als der Rockstar der Comic-Zeichner.

Der 50-Jährige zeigt in der Burg allerdings nicht seine Horrorgestalten aus vielen erfolgreichen Veröffentlichungen, sondern beeindruckend fotorealistisch gemalte wilde Kreaturen: Löwen, Tiger, Nilpferde, exotische Vögel und Insekten. Allerdings will er nur seine Kunst darstellen, der überzeugte Tierschützer verfolgt ein Ziel. Mit seinen Zeichnungen und Gemälden will er gegen den „Spezifizismus“ Stellung beziehen. Der strenge Veganer kritisiert „die moralische Diskriminierung von Lebewesen ausschließlich aufgrund ihrer Artenzugehörigkeit“.

Er beklagt die Wildtiere, die in Schlingen von Wilderern zugrunde gehen. Er bezieht Stellung für 47 Millionen Schweine, die 2022 in deutschen Schlachthöfen getötet wurden. Ein panisches Schwein vor schwarzem Hintergrund, ein todtrauriger Menschenaffe hinter Gittern, ein königlicher Tigerkopf – seine Bilder sind ästhetisch und stimmen gleichzeitig traurig.

„Über 600 Millionen Hühner werden in Deutschland pro Jahr getötet“, sagt der Künstler. Ihr Leiden hält er fest und übermalt sie mit lustigen Comic-Konturen. Er erzählt von seiner „Fernbeziehung“ zu Trinity, einer Puma-Dame, die in Gefangenschaft lebt, auf dem Gelände der 1983 von Schauspielerin Tippi Hedren gegründeten Roar Foundation. „Ich bin der Adoptiv-Papa von Trinity“, sagt der Künstler, der sie auf Leinwand gebannt hat.

Wuerz ist über die Bekanntschaft mit Dirk Tillenburg, leidenschaftlicher Langenfelder Comic-Sammler und CDU-Mitglied, an den Ausstellungsort gekommen. „Wunderbar ist es hier und eine wunderbare Hängung“, sagt er. Seine nebenbei angebotenen Comic-Bücher gehen unter den jungen Szenemitgliedern weg wie warme Semmeln. Auch die Gäste der Vernissage, die nicht direkt zur Timo-Wuerz-Community gehören, sind beeindruckt. Zum Beispiel Hella-Sabrina Lange, Leiterin des Kulturbüros Langenfeld: „Eine tolle Ausstellung, besonders weil sie ein gesellschaftspolitisches Anliegen hat“, sagt sie. Und die betont Wuerz immer wieder: Mit „Wild and Free“ verknüpft er die Forderung, die Hälfte der Erdoberfläche der Natur zu überlassen. Damit schlage er sich auf die Seite des Biologen und Harvard-Professoren sowie zweifachen Pulitzer-Preisträgers Edward O. Wilson, sagt er. „In den letzten Jahren haben wir 90 Prozent der Löwen-Population verloren“, prangert er an. Eine paar Gemälde dieser Spezies sind zu sehen. „Die ersten Bilder, die ich als kleines Kind zeichnete, stellten Tiere dar“, erzählt der schlanke Mann mit dem Pfoten-Tattoo auf dem Handrücken. „Noch heute erfüllt mich nichts mehr, als Natur zu malen.“ Weitere Arbeiten stellt Wuerz in Langenfeld beim Kunstverein unter „Kunst, Comic, Kitsch“ ab 21. Mai aus. Es handelt sich um eine Betrachtung und Auseinandersetzung mit dem Medium Comic. Um Geisterjäger „John Sinclair“ geht es am Freitag, 19. Mai, in Lesung und Talk ab 19.30 Uhr in der Stadtbibliothek. „Das sind eher Horrorbilder“, warnt der Künstler.

„Literarisches Quartett zur Graphischen Literatur“ heißt der Comic-Talk mit Hella von Sinnen, Mittwoch, ab 18 Uhr, in der Wasserburg. Mit Prominenten diskutiert sie über aktuelle Werke. „Der Comictalk ist eine Expedition durch die vielfältige Welt der Graphic Novels und Comics, die zeigt, wie viel Schönheit und Kraft in mit Bildern erzählten Geschichten steckt. Mal harmonisch, mal kontrovers“, wird die Veranstaltung beschrieben. Der Eintritt an der Abendkasse kostet 14 Euro.