Pflege: Ohne Zivis wird es schwer

Wenn die Helfer wegfallen, stehen Langenfelder Einrichtungen vor einem echten Problem — auch finanziell.

Langenfeld. Zur Jahresmitte wird die Wehrpflicht ausgesetzt. Damit endet auch die Pflicht zum Ersatz- oder Zivildienst. Die „Zivis“ — jahrzehntelang willkommene Helfer in Wohlfahrtsverbänden, Heimen, Schulen und bei gemeinnützigen Projekten — fallen weg. Ein herber Verlust. Die Einrichtungen fürchten den Verlust der Allzweckwaffe Zivi, der vor allem eins schenkt: Zeit. Spaziergänge mit den Senioren oder behinderten Menschen, das Einkaufen zu zweit oder Arztbesuche — Zivildienstleistende begleiten die Menschen durch den Alltag, sind Ansprechpartner und Freund. „Der Zivi ist für unsere Schüler eine Vertrauensperson. Wir befürchten, dass wir mit dem Wegfall ein echtes Problem bekommen“, sagt Janna Grewer-Willwoll, stellvertretende Schulleiterin der Förderschule an der Virneburg.

Auch die Langenfelder LVR-Klinik macht sich bereits auf das Schlimmste gefasst. Zivis wurden bisher bei der Pflegehilfe und dem Betreuungsdienst eingesetzt. „Wir befürchten, dass die durch die Zivildienstleistenden geschlagene Brücke wegbricht. Denn über sie kamen auch andere Bürger mit der Behindertenhilfe in Kontakt“, sagt Ida Nottelmann vom Netz der Heilpädagogischen Hilfen der LVR-Kliniken. Eine Alternative zu den Zivildienstleistenden biete der Einsatz von Absolventen des freiwilligen sozialen Jahres. Er läuft in der Regel über zwölf Monate und kann auf 16 oder 24 Monate verlängert werden. Die Zahl der Anwärter in den LVR-Kliniken sei bisher aber „sehr gering“.

Dietmar Servatius von den Langenfelder Maltesern hat ein Alternativ-Programm zu Zivildienstleistenden geschaffen. Er leitet den Besuchsdienst, seine Helfer holen alte Menschen aus ihrer Einsamkeit heraus — ehrenamtlich und unentgeltlich. „Die Nachfrage steigt stetig. Viele Senioren leben nicht nur allein, sie sind es auch“, sagt Dietmar Servatius. 20 Ehrenamtler sind bereits im Programm, doch Servatius hofft auf mehr: „Wir haben mehr Anfragen von Menschen, die besucht werden möchten, als Personen, die jemanden besuchen wollen.“

Auch im Sozialausschuss wurde der Wegfall des Zivildienstes bereits diskutiert. Die Sozialverbände und -einrichtungen sollen von sich aus auf die Stadt zukommen, wenn ihnen nach dem Wegfall des Zivildienstes durch die Einstellung Freiwilliger höhere Kosten entstehen, so der einstimmige Beschluss.

Klaus Kaselofsky, Vorsitzender des Awo Ortsverein Langenfeld, muss schon jetzt auf zwei Minijobber zugreifen. „Ein Zivi hat wegen seines Ausbildungsbeginns einen Antrag auf vorzeitige Entlassung gestellt, ein zweiter ist regulär ausgetreten, der dritte scheidet im Mai aus“, sagt er. In der Einführung des Bundesfreiwilligendienstes ab 1. Juli sieht er sowohl Probleme als auch Chancen: Mindestens 1200 Euro mehr als für einen Zivildienstleistenden muss die Awo als Träger für einen Bundesfreiwilligen zahlen.

Dabei stehen die Träger untereinander sogar in Konkurrenz. „Denn der Bundesfreiwilligendienst sieht ein Taschengeld von mindestens 153 und maximal 330 Euro vor“, sagt Kaselofsky. Dennoch sieht er auch Vorteile: Der Freiwilligendienst spreche einen größeren Personenkreis an. „Nicht nur junge Menschen sind gefragt, sondern beispielsweise auch Rentner, die ihre Lebenserfahrung einbringen und sich etwas dazu verdienen wollen. Ich bin sicher, dass sich viele Menschen finden werden.“