Tagesvater: Kinder spielen die Hauptrolle
Der Langenfelder Herbert Schwan hütet fremde Kinder in seinem Haus in Wiescheid.
Langenfeld. Die Villa Schiwan leuchtet knall-orange. Und himmelblau. Kinderlachen klingt aus dem Wiescheider Siedlungshaus; Als die Türglocke läutet, trappeln Zwergenfüsse durch den Flur. Hinter dem dreijährigen Jonathan und seinem Spielgefährten Corvin erscheint Herbert Schwan an der Tür. Langenfelds einziger Tagesvater, ein Hüne von 1,90 Metern Größe, lacht vergnügt mit den Augen.
Die Freude, die er mit seinem neunjährigen Sohn hat, brachte Schwan auf seine Berufsidee. Seit Juni spielen Kinder unter drei Jahren die Hauptrolle in seinem Haus.
„Elternarbeit nimmt ganz viel Raum ein“, musste der 44-Jährige erfahren. Die Vorstellungen seiner Kunden will Schwan genau umsetzen, Sorgen nicht erst aufkommen lassen: „Ich habe hier einen Holzofen. Aber wenn Eltern das nicht wollen, dann bleibt der aus.“ Wie zuverlässig er sei, das wolle er durch gepflegte Kleidung zeigen, dadurch, dass sein Auto gewaschen vor der Tür steht. In seiner Zeit als Antiquitätenhändler seien solche Punkte egal gewesen.
Schwierig sei manchmal die professionelle Distanz: „Die Eltern vertrauen mir das Wertvollste an, das sie haben“, sagt Schwan. Da sei das Verhältnis sehr eng. „Trotzdem sage ich immer ,Sie‘“.
Schwan hat ein ausführliches Konzept geschrieben: von pädagogischen Zielen über einen Plan mit Ausflugszielen bis zum Zähneputzen. Hobbys wie sein Saxophonspiel bezieht er in seine Arbeit ein, das Mittagessen kocht er ebenso: „Ich bin nicht einfach ein Mann, der Kinder betreut. Ich bin eine Pflegeeinrichtung.“
„Keine Sauerei hier“, warnt er Jonathan und Corvin, als die anfangen, klebrige Frühstücksflocken auf dem Tisch zu verteilen: „Ich hänge die Leine ziemlich hoch, aber bei ,Nein‘ muss es fluppen.“ Und es fluppt. Man kann ja statt dessen Memory-Kärtchen im Zimmer verteilen.
Jonathans alleinerziehende Mutter bringt ihren Sohn aus Düsseldorf nach Wiescheid. Sie suchte gezielt einen Tagesvater, aber in der Großstadt konnte ihr keiner einen Platz anbieten. „Die Männer sind mehr für das Grobmotorige, für Bewegung“, so Schwan zum Unterschied zu den Frauen. In seinem Kinderzimmer hängt ein Boxsack von der Decke. Feine Bastel- und Malspiele gibt es aber genauso.
Vor zehn Jahren hat Schwan das Haus von seinen Eltern übernommen, seine Mutter lebt auf der Etage: „Ich dachte, ich bräuchte nur etwas streichen oder ausbessern“, sagt der gelernte Elektriker. Es wurde eine Kernsanierung daraus. Die kunterbunten Farben an der Fassade, der Garten voller Spielzeug mit Trampolin und Schwimmbecken hätten bei den Nachbarn zunächst Aufmerksamkeit erregt, erzählt Schwan: „Die Leute scheinen skeptisch zu sein, wenn jemand etwas Neues versucht. Aber ich bin sicher: Das ist mein Weg.“