Abrisswahn auf 950 Fotos

Viel hat sich verändert: Das Bürgerforum zeigt Archiv-Bilder mit alten Stadtansichten.

Mettmann. Das Stadtbild Mettmann hat sich nach 1945 ganz entscheidend verändert. Die Stadt brauchte Wohnraum für die vielen Flüchtlinge und Vertriebenen, die in die Stadt strömten. Schlichte, schmucklose Mehrfamilienhäuser wie an der Breslauer- oder Georg-Fischer- Straße wurden hochgezogen.

Und in der Innenstadt wütete ein unglaublicher Abrisswahn. Ende der 1960/1970er-Jahre wurden ganze Straßenzüge wie an der Wall- oder der Mühlenstraße ausradiert, dem Erdboden gleich gemacht.

Anstelle der alten, teils heruntergekommenen Gebäude, wurden Häuser gebaut, die aus heutiger Sicht an architektonischer Trostlosigkeit kaum zu überbieten sind.

Höhepunkt dieses Mettmanner Modernisierungswahns ist für Peter Feyen, den Vorsitzenden des Mettmanner Bürgerforums, der Abriss des Königshofs. „So etwas ist mir völlig unverständlich. Das war die Identität Mettmanns.“

In stundenlanger Arbeit hatte Feyen hunderte von größtenteils unbekannten Bilder aus dem Archiv, dass die Mettmanner Fotografin Gerda Kircher seit 1975 angelegt hat, gesichtet und digitalisiert.

Die historischen Aufnahmen, das älteste Foto stammt aus dem Jahre 1887 und zeigt eine Ansicht Mettmanns von der Bahnstraße in die Stadt hinunter, hat Feyen Dienstagabend in einer zweieinhalbstündigen Mammut-Bilderschau präsentiert.

Den historischen Ansichten hat er teilweise aktuelle Aufnahmen gegenübergestellt. 950 Bilder mussten die wenigen Gäste des Forumabends über sich ergehen lassen.

Erschöpft, aber durchaus angeregt von dem architektonischen Streifzug durch 130 Jahre Mettmanner Stadtgeschichte, wurde einhellig gefordert, dass aus den Bausünden der Vergangenheit endlich gelernt werden müsse.

„Es ist an der Zeit, dass wir sagen, dass es so nicht weitergeht“, sagte Thomas Dinkelmann, stellvertretender Vorsitzender des Bürgerforums. Mettmann habe bereits so viel steinerne Stadtgeschichte verloren, „das ist eine Schande“.

Statt Leitbilder und städtebauliche Konzepte für die Stadt zu entwickeln, würden bis heute in Mettmann alte Gebäude abgerissen. Die Pestalozzischule an der Gartenstraße und das Weiße Haus an der Düsseldorfer Straße nannte er als jüngste Beispiele.

Dinkelmann fordert: „Durch die Sicherung der heute noch erhaltenen historischen Gebäude und ästhetischer Gestaltung neuer Bauten soll unser Stadtbild wieder attraktiver werden.“

Dafür müsste aber endlich die Gestaltungssatzung, die sich Mettmanns Stadtväter einst selbst auferlegten, nachdem sie den Abriss des „Türmchens“ am Markt verhinderten hatten, eingehalten und umgesetzt werden. „Diese Satzung ist doch ein zahnloser Tiger“, sagte Dinkelmann.

Bürgerforums-Vorsitzender Feyen sprach sich dafür aus, dass die Stadt für Eigentümer wieder Anreize schafft, etwas an ihren Häusern zu tun. „Vor 30 Jahren gab’s einen Fassadenwettbewerb der Stadt. Sie sollte dafür wieder 50 000 bis 80 000 Euro zur Verfügung stellen. „Denn wir haben in Mettmann noch immer sehr viel Substanz an historischen Gebäuden.“

Auf dem nächsten Forumsabend im Dezember will das Bürgerforum diskutieren, welche konkreten Schritte gemacht werden müssen, um die alte Bausubstanz zu bewahren.