Bauern am Glyphosat-Pranger
Landwirte im Kreis Mettmann wehren sich gegen Vorwürfe, das Umweltgift einzusetzen. Sie wollen lieber die Böden für sich arbeiten lassen.
Kreis Mettmann. Für Wolfgang Sternberg ist die Sache völlig klar: „Sobald ich an einem Feld vorbeifahre, auf dem ein Bauer spritzt, schließe ich die Autofenster und schalte die Klimaanlage aus.“ Vorsichtshalber, denn man wisse ja nie, woher der Wind weht, sagt der Vorsitzende des Naturschutzbundes Nabu im Kreis Mettmann.
Für Josef Aschenbroich, Vizevorsitzender der Kreisbauernschaft Mettmann, ist die Sache mindestens ebenso klar: „In Mettmann spielt Glyphosat kaum eine Rolle. Ich setze es nur als Notstopfen ein, wenn es gar nicht anders geht.“ Verbraucher, Jogger, Eltern und Anwohner suchen hingegen vergeblich nach Klarheit: Wie gefährlich ist Glyphosat ganz konkret, hier, vor Ort? Muss eine Joggerin um ihre Gesundheit fürchten, die zwischen just mit dem Unkrautvernichter behandelten Feldern ihre Runde dreht?
Josef Aschenbroich, Vizevorsitzender der Kreisbauernschaft
Da sind sich nicht einmal die Wissenschaftler einig. Die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation, IARC, stufte Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ ein. Den Warnhinweis vergab sie auch an rotes Fleisch, extraheißes Braten und Schichtarbeit. Das Bundesinstitut für Risikobewertung stellte fest, dass die deutsche Bevölkerung nur mit geringen Mengen des Unkrautgiftes in Berührung kommt. Eine „krebsfördernde Wirkung ist unwahrscheinlich“. Nabu-Mann Sternberg fordert hingegen, die Industrie müssen Alternativen entwickeln.
„Wut, Angst und Ärger kriegen derzeit allein wir Bauern ab“, klagt Josef Aschenbroich. Dabei setze auch die Deutsche Bahn Glyphosat ein, um ihre Gleise unkrautfrei zu halten. Und Kleingärtner benebelten die Wege ihrer Parzellen mit dem dem Unkraut-Killer. Das werde in der Diskussion gerne unterschlagen.
Bauer Aschenbroich ist dennoch vorsichtig mit Allgemeinplätzen und allzu raschen Aussagen. Für den Kreis Mettmann sagt er: „Wir verzichten, wenn es irgend geht, auf Unkrautvernichter.“ Wer als Bauer Glyphosat einsetzen wolle, müsse alle drei Jahre seinen Sachkundenachweis erneuern. Zudem habe man die Pestizidmenge von erlaubten vier Litern auf ein Liter pro Hektar reduzieren können. Pro Liter Unkrautvernichter sei von 360 Milliliter Glyphosat auszugehen. Aschenbroich zieht als Fazit: „Schon aus eigenem Interesse reduzieren wir die Mengen auf das, was unbedingt sein muss.“
Denn auch die Bauern hätten ein hohes Interesse daran, die Natur für sich arbeiten zu lassen, anstatt Böden und Pflanzen zu schädigen. „Und zudem müssen wir Pflanzenschutzmittel teuer bezahlen.“ Auch unter streng ökonomischen Aspekten sei es völlig unsinnig, mit teuren Substanzen leichtfertig umzugehen. Aber all diese Argumente zählten in der momentan sehr aufgeheizten Diskussion nicht.
Im Kreis Mettmann würden Pestizide im Herbst und im Frühjahr eingesetzt. „Und auch nur dann, wenn ich anders ein Feld vor der Aussaat nicht von der Zwischenfrucht befreien kann“, so der Landwirt. Auf den riesigen Anbauflächen in Ostdeutschland und Osteuropa soll Glyphosat auch kurz vor der Ernte im Einsatz sein. In den USA und Südamerika gebe es bereits gentechnisch veränderte Pflanzen, denen der Unkrautvernichter auch während des Aufwuchses nichts anhaben könne, aber anhaften bleiben. „Kein Wunder also, dass dann auch Glyphosat-Spuren in Nahrungsmitteln nachweisbar sind“, sagt Aschenbroich: „Das sollte man tatsächlich verbieten.“
Das Joggen zwischen den Feldern im Kreis Mettmann aber sei ungefährlich.