Kreis Mettmann Wird die Kommunalwahl verschoben?

Kreis Mettmann. · Die Wahl soll am 13. September stattfinden. Doch manche Politiker zweifeln wegen der Corona-Krise an der Durchführung.

In Bayern wurde Ende März aufgrund der Corona-Krise eine reine Briefwahl für die Stichwahl genutzt.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Die kommunalen Spitzenverbände werfen jetzt eine Diskussion darüber auf, ob angesichts der Corona-Krise der Termin vom 13. September für die Kommunalwahl in NRW noch sinnvoll ist. In einem Brief bitten der Städte- und Gemeindebund, der Städtetag und der Landkreistag das NRW-Innenministerium um „zeitnahe Prüfung aller Handlungsoptionen“. Was halten die Politiker in Mettmann, Erkrath, Wülfrath, Hilden und Haan davon?

Mettmann

Mettmanns Bürgermeister Thomas Dinkelmann hält diese Diskussion für „zu früh“: „Wir können derzeit noch nicht einmal bis zum Beginn der Sommerferien verlässlich prognostizieren, welche Schutzmaßnahmen dann noch erforderlich sind.“ Die bevorstehende Kommunalwahl lediglich per Briefwahl durchführen zu lassen, sei keine gute Idee: „Dann lieber zu einem späteren Zeitpunkt wie gewohnt im Wahllokal oder alternativ per Briefwahl wählen. Das entspricht auch den Wünschen der Bürger, mit denen ich darüber gesprochen habe.“

Nachdenklicher sind da schon die Partei- und Fraktionschefs: „Nach einer ersten Einschätzung halte ich eine Verschiebung des Wahltermins für durchaus denkbar“, sagt SPD-Fraktionschef Florian Peters. Denn ein Wahlkampf, wie er mit vielen Kontakten und Klinkenputzen sonst üblich ist, sei unter den gegenwärtigen Bedingungen kaum denkbar.

Das sieht CDU-Fraktionschef Richard Bley ähnlich: „Der Wahlkampf wird schwierig bis unmöglich.“ Daher werde das Ergebnis der Wahl durch Landes- und Bundespolitische Themen „noch mehr geprägt, als es sonst schon der Fall ist“, befürchtet Bley. Allerdings sieht er auch viele Nachteile in einer Verschiebung des Wahltermins, denn das könne bedeuten, „dass wir die Probleme der Stadt Mettmann verschieben. Ein Stadtrat und ein Bürgermeister auf Abruf werden kaum tiefgreifende Entscheidungen treffen können. Wichtige Probleme würden wir daher noch weiter vor uns herschieben, anstatt sie zu lösen.“

Ähnlich sieht das auch die FDP: „Es ist viel zu früh, schon jetzt festzulegen, dass die Kommunalwahl aufgrund des Coronavirus verschoben wird. Es sollte ,auf Sicht’ gearbeitet werden, um dann über das weitere Vorgehen zu entscheiden“, sagt FDP-Fraktionschef Klaus Müller. Und auch die Bürgermeisterkandidatin der FDP, Andrea Metz, hält es „für völlig verfrüht“, über eine Verschiebung nachzudenken. Ähnlich sieht das Landrat Thomas Hendele (CDU), der sich im September ebenfalls zur Wahl stellt: Er geht davon aus, dass der Wahltermin erhalten bleibt.

Die Sozialdemokraten tendieren hingegen eher in Richtung Verschiebung. Auch deshalb, weil „die Wahlvorbereitung in Form von Listen- und Kandidatenaufstellung die handelnden Akteure vor große organisatorische Schwierigkeiten stellt, sofern es bei den jetzigen Terminen bleibt“, gibt SPD-Fraktionschef Peters zu bedenken. Denn schon bis zum 16. Juli müssen die Wahlvorschläge der Parteien und Wählergruppen ­vorliegen.

Daher spricht sich SPD-Ortsverbandschef Heribert Klein für eine Verschiebung aus: „Einige Ortsverbände haben noch nicht einmal ihre Aufstellung der Kandidaten vor dem Ausbruch der Pandemie durchgeführt – in der aktuellen Situation ein nicht zu unterschätzendes Problem.“ All dies spreche aus seiner Sicht für eine Verschiebung, „zunächst einmal um ein halbes Jahr bis zum Frühjahr 2021, um nicht in den Sog der Bundestagswahl zu geraten“, schlägt Klein vor. Denn eine Überlagerung von kommunal- mit bundespolitischen Themen „würde die Probleme der Menschen vor Ort aus dem Blick geraten lassen“. Das sieht Richard Bley (CDU) genau so: Wenn schon eine Verschiebung, dann bitte ins Frühjahr kommenden Jahres.

Erkrath

Erkraths Bürgermeister Christoph Schultz hält die Disskussion hingegen ebenfalls für verfrüht. „Es wird abzuwarten sein, wie sich die Lage entwickelt um eine Einschätzung der Auswirkungen auf die Kommunalwahl abgeben zu können.“ Wenn die Frage wirklich relevant würde, wäre aber auch zu beachten, dass die aktuelle Legislaturperiode mit fast sechseinhalb Jahren für die Stadträte „bereits die längste in der Geschichte des Landes NRW ist“. Tatsächlich wurden die Räte im Mai 2014 gewählt, ihre Amtszeit dauert im regulären Modus noch bis zum 1. November dieses Jahres an.

Wülfrath

Mit einer Verschiebung des Wahltermins würde sich auch die Amtszeit von Claudia Panke, Bürgermeisterin der Stadt Wülfrath, verlängern, die doch eigentlich ihren Abschied nehmen wollte und sich nicht wieder zur Wahl stellt. Nach ihrer Meinung befragt, antwortet sie, dass sie den jetzigen Zeitpunkt „für verfrüht“ hält, um über eine Verschiebung nachzudenken. Sie empfiehlt, die weitere Entwicklung abzuwarten.

Hilden

„Besteht eine reale Gefahr, dass aufgrund der Corona-Pandemie nicht alle Parteien die vorgeschriebenen Fristen einhalten können, ist das demokratische System in Gefahr und die Wahl sollte verschoben werden. Aber nur dann“, sagt Hildens Bürgermeisterin Birgit Alkenings (SPD).

Das Land Nordrhein-Westfalen müsse klären, ob es verfassungsrechtlich überhaupt möglich sei, die Wahl-Periode zu verlängern. Ihr persönlich sei es sehr wichtig, direkt mit den Menschen zu sprechen: „Darauf zu verzichten, wäre ein herber Verlust. Zumal eben nicht alle Bürgerinnen und Bürger über Social Media und andere digitale Plattformen erreichbar sind. Aber der Infektionsschutz hat einfach oberste Priorität.“

Peter Groß, Vorsitzender der CDU Hilden, hält die Diskussion für verfrüht: „Ich glaube, dass die Landesregierung gut beraten ist, derzeit nicht darüber zu diskutieren, auch wenn die Rufe lauter werden.“ Wenn der klassische Straßenwahlkampf nicht möglich sein sollte, müsse man halt extrem umdenken: Das sei Risiko und Chance zugleich: „Eine Chancenungleichheit als Grund für eine Verschiebung kann ich dabei nicht sehen.“ Die Rückkehr zur Normalität werde ein „eher langsamer Prozess“ sein.

Sollte eine weitgehende Aufhebung der Kontaktsperre in den nächsten Wochen aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich sein, sei eine Verschiebung des Kommunalwahltermins unumgänglich, sagt Klaus-Dieter Bartel, Fraktionsvorsitzender der Hildener Grünen: „Die Frage ist nur: welcher ist ein richtiger, weitgehend coronafreier Ersatztermin und wann sollte er festgelegt werden? Und natürlich ist zu bedenken, dass diese Wahlperiode schon jetzt besonders lang ist.“

Eine Verschiebung der Kommunalwahlen dürfe nur als letzte Alternative in Betracht kommen, wenn alle anderen Möglichkeiten unter Berücksichtigung aller Stichtage und inklusive einer ausschließlichen Briefwahl ausgereizt seien, meint Claus Munsch, Bürgermeister-Kandidat der Allianz für Hilden.

Für Ralf Küppers, unabhängiger Bürgermeisterkandidat in Hilden, macht eine Verschiebung nur Sinn, wenn sich die Corona-Krise „nachweislich bis zu den Sommerferien“ nicht auflöse: „Bis dahin muss man abwarten.“

Die Durchführung der Kommunalwahl sei unverantwortlich und nicht demokratisch, weil älteren und erkrankten Mitgliedern die Möglichkeit genommen werde, sich zu beteiligen, sagt Anabela Barata, Fraktionsvorsitzende der SPD-Fraktion in Hilden: „Entsprechende Anweisungen des Innenministeriums schieben die komplette Verantwortung auf die kommunalen Ehrenamtler ab.“ Deshalb befürworte sie eine Verschiebung der Kommunalwahl.

Claus Pommer, unabhängiger Bürgermeister-Kandidat in Hilden würde „prinzipiell“ an dem Wahltermin 13. September festhalten, sofern sich die aktuelle Lage bis dahin entspannt“. Pommer könnte sich auch eine reine Briefwahl vorstellen so wie bei den Stichwahlen in Bayern: „Wichtig ist aber vor allem, dass für alle Bewerberinnen und Bewerber Chancengleichheit gilt.“

Haan

Haans Bürgermeisterin Bettina Warnecke, die sich für eine zweite Amtszeit bewirbt, hält die ganze Diskussion für voreilig: „Eine bessere Prognose ist unter Umständen in einem Monat bereits möglich. Es wäre dann immer noch ausreichend Zeit, um die Vorbereitungen auf die Wahl zu treffen. Ich halte nichts davon, bereits jetzt Vor- und Nachteile einer Verschiebung der Wahl zu diskutieren, ohne zu wissen wie die Einschränkungen des täglichen Lebens aussehen werden.“

Bernd Stracke, Fraktionsvorsitzender der SPD Haan, ist für eine Verschiebung des Wahltermins: „Parteien haben bei der Aufstellung der Kandidatinnen und Kandidaten gesetzliche Fristen zu beachten, die vielleicht nicht mehr zu halten sein werden. Die Kommunalverwaltungen, die momentan sehr stark gefordert werden, sind personell am Limit. Sie würden entlastet, wenn sie sich nicht nahezu zeitgleich um Corona-Krise und Wahlvorbereitungen kümmern müssten.“

„Freuen würde ich mich darüber nicht“, sagt Michael Ruppert, FDP-Fraktionsvorsitzender in Haan: „Wenn alles sonst, was zu demokratischen Wahlen gehört, nicht ordnungsgemäß durchführen läßt, dann muss der Termin eben verschoben werden.“

Auch Meike Lukat, Fraktionsvorsitzende der Wählergemeinschaft Lebenswertes Haan, ist für eine Verschiebung: „Weil den Ordnungsbehörden die Vorbereitung der Wahlen nicht möglich sein wird. Denn wegen der eingeschränkten, in manchen Kommunen geschlossenen Einwohnermeldeämter, wird es Wochen benötigen, um die Melderegister wieder auf Stand zu bringen.“