Durchmarsch für Noll und Beyer

Die beiden Bundestagsabgeordneten ziehen erneut in den Bundestag ein. CDU und SPD mussten herbe Verluste hinnehmen.

Mettmann. So leise war es in der Kantine des Mettmanner Kreishauses schon lange nicht mehr. Als um kurz nach 18 Uhr die Prognose zur Bundestagswahl veröffentlich wird, konnte man fast eine Stecknadel zu Boden fallen hören. Grund für viele betretene Mienen unter Politikern, Gästen und Mitarbeitern der Kreisverwaltung: das in dieser Höhe nicht erwartete Ergebnis der AfD bei der Bundestagswahl.

Durchmarsch für Noll und Beyer
Foto: Stephan Köhlen/Parteien/Langholz

Wirklich strahlende Gesichter waren im Kreishaus nicht zu sehen, so richtig schien das Wahlergebnis niemanden zu erfreuen. Michaela Noll (CDU) zieht zwar souverän wieder in den Bundestag ein, zugleich hat ihre Partei aber das schlechteste Wahlergebnis seit 1949 zu verkraften. „Wir sind trotzdem stärkste Kraft, aber die Botschaft ist bei uns angekommen“, sagte Michaela Noll. Wenn die Wähler sich für die AfD entschieden hätten, müsse man sich mit dieser Partei auch auseinander setzen. Bei der Regierungsbildung hofft Noll auf die Jamaika-Koalition mit der FDP und den Grünen. Michaela Noll vertritt seit 2002 den Wahlkreis Mettmann-Süd im Deutschen Bundestag, seit 2005 als direkt gewählte Wahlkreiskandidatin.

„Wir freuen uns über zwei gewonnene Direktwahlkreise im Kreis Mettmann. Ich gratuliere Michaela Noll und Peter Beyer zu ihrem Wahlerfolg und dem Einzug in den Deutschen Bundestag“, erklärt Kreisvorsitzender Jan Heinisch. „Auch wenn wir in Berlin mit Abstand stärkste Partei geblieben sind, müssen wir den deutlichen Stimmenverlust für die CDU wie auch das zweistellige Ergebnis der AfD sehr ernst nehmen. Wir werden das Wahlergebnis und die Gründe der Wahlentscheidung genau analysieren und unsere Konsequenzen daraus ziehen.“

„Eine historische Niederlage für die SPD, das Ergebnis hat uns sehr erschreckt, ich denke, nun ist ein Neuanfang für die SPD nötig“, sagte Kerstin Griese (SPD). Die SPD habe von den Wählern den Auftrag erhalten, in die Opposition zu gehen und dort den demokratischen Wettbewerb zu stärken. „Ich bin sehr besorgt, dass nun Demokratiefeinde, Rechte und Nazis im Bundestag sitzen“, sagte Griese. Das werde die politische Kultur verändern — und dem werde sich die SPD mit aller Macht entgegenstellen.

Peter Beyer von der CDU stellt sich „auf eine andere Debattenkultur im Parlament ein“. Er dankte seinen Helfern im Wahlkampf, den er nicht als „Schlafwagenwahlkampf, sondern intensiver als vor vier Jahren empfunden habe“, so Beyer. „Die AfD wird Bestandteil der parlamentarischen Realität sein, die man nun mit Sachargumenten stellen muss“, so Beyer. Sie müssten erst zeigen, ob sie eine Alternative seien. Man dürfe sich aber nicht provozieren lassen.

Das Abschneiden der AfD hat die Kandidaten der anderen Parteien bestürzt. Alle wollen weiter den Rechtspopulismus bekämpfen und gegen soziale Ungerechtigkeit eintreten, hieß es. „Ich bin sehr enttäuscht über das Abschneiden der AfD. Die haben Angst geschürt und die anderen Parteien haben keine Sachargumente dagegen vorgebracht“, sagte Bernd Günther, ehemaliger Bürgermeister in Mettmann. Landrat Thomas Hendele war mit dem Abschneiden der CDU nicht zufrieden. „Ich habe bei vielen Besuchen an Wahlkampfständen gemerkt, dass das Thema Integration eine große Rolle spielt“, sagte Hendele. Das müsse man anpacken.

Martin Richter, Kreiswahlleiter, Kreisdirektor und Mitglied der CDU: „Ich muss meine Zurückhaltung als Kreiswahlleiter aufgeben. Ich nehme die Aussagen von Gauland erschüttert zur Kenntnis. Eine Große Koalition gibt es nicht mehr. Eine Jamaika-Koalition könnte funktionieren. Es muss jetzt der Wahlspruch gelten: Wenn nicht wir, wann dann und wenn nicht jetzt, wann dann.“

Heinz Schemken, 82, (CDU), war von 1983 bis 2003 Mitglied im Deutschen Bundestag. Er sagt: „Das Schlimme ist, dass die großen Parteien nur auf etwas über 50 Prozent kommen. Das ist zu wenig und nicht gut für die Republik.“

Dirk Wedel, Kreisvorsitzender der FDP: „Ich freue mich sehr über das Abschneiden der FDP. Es ist ein starkes Wahlergebnis und ich danke für das Vertrauen, dass uns die Wähler entgegen gebracht haben. Wir werden mit diesem Votum verantwortungsvoll umgehen.“ Thomas Dinkelmann (parteilos, Bürgermeister in Mettmann): „Die hohe Wahlbeteiligung hat mich gefreut.“

Ratlosigkeit auch im Ratinger Ratsstübchen. Ophelia Nick von den Grünen war nach eigenen Worten hin- und hergerissen. Das Abschneiden der Grünen auf Bundesebene wertete Nick als Erfolg für die Partei und Anerkennung der Arbeit. Doch der Einzug der rechtsextremen AfD in dieser Stärke in den Bundestag dämpfe die Freude erheblich. Mit dem eigenen Ergebnis zeigte sich Nick zufrieden.

Rainer Köster (Die Linke) betonte: „Wir wollten zweistellig werden, das haben wir nicht geschafft. Das Abschneiden der AfD bestürzt mich. Wir werden weiter den Rechtspopulismus bekämpfen müssen und gegen soziale Ungerechtigkeit eintreten.“ Bernd UIrich, der Bundestagskandidat der AfD, hatte bereits im Vorfeld angekündigt, am Wahltag nicht zu den Ergebnissen Stellung nehmen zu wollen.

Richard Bley, Fraktionschef der CDU in Mettmann: „Ohne die CDU wird es keine Regierung geben. Das Ergebnis der SPD ist schlimm. In den vergangenen Wochen hat sich das abgezeichnet. Eine Jamaika-Koalition ist anscheinend der Wählerwille. Dass die AfD ins Parlament einzieht, ist nicht schön und bestürzend. Die AfD hat sich jeglicher Verantwortung entledigt.“