Erkrath: Die andere Casting-Show
Literaturkurs des Gymnasiums am Neandertal führte in der Stadthalle „Arbeit macht schön“ auf.
Erkrath. Ein Versicherungskaufmann und eine russischer Kleinkrimineller, eine Tochter aus gutem Hause oder eine Prostituierte. 25 Charaktere, die unterschiedlicher nicht sein könnten, hat der Literaturkurs der Stufe Zwölf des Gymnasiums am Neandertal auf der Bühne der Stadthalle versammelt. Sie alle treffen in einer Casting-Show aufeinander. Die einzige Schnittstelle bei "Arbeit macht schön": Der Wunsch, etwas zu ändern. Das Leben, das man lebt, anders zu gestalten.
Der Preis, der am Ende der Show winkt, ist ein ebenso begehrter wie mysteriöser Ausbildungsplatz. Um als Sieger heimzukehren, müssen Fragen beantwortet werden - ehrlich und ohne Ausnahme. Das Los entscheidet, wer mit welchem Spielpartner nach vorne treten muss. Gegenseitig befragen sich die Teilnehmer zum Leben, zu Liebe, Arbeit, Wert und Vertrauen. "Ich habe weder Arbeit, noch einen Abschluss oder irgendwelche Interessen", gibt die überzeugte Sozialhilfeempfängerin Tanja zu und macht sich auf den Weg ins Publikum, um dort Zuschauer um ein paar Cent anzubetteln. "Ich hänge einfach rum. Ich habe keine Pläne oder Ziele." Ein Schmarotzer, ein Parasit, findet Versicherungskaufmann Robert. "Ich habe eine verdammte Angst", beichtet dagegen Faruk, ein ganzer Kerl, der eher für große statt ehrliche Töne bekannt ist.
Einer nach dem anderen öffnet sich. Es kommt zu Konflikten und Trennungen, es fließen Tränen und fliegen Stühle von der Bühne. Es wird gestritten und geschrien - aber auch gelacht und geliebt. "Wir hatten verschiedene Stücke zur Auswahl, aber die Wahl fiel schnell auf das von Sungard Rothschädl", erzählt Lars Kreutner, der schon erste Erfahrungen auf der Theaterbühne von Spotlight gesammelt hat.
Zu Beginn der Proben erschien den Schülern das Stück zunächst noch veraltet. "Soziale Probleme, geistiges Junk Food in den Medien, Diskussionen über Raffgier und Skrupellosigkeit in der Wirtschaft - das sind aktuelle Themen", waren sich die 18- Jährigen dann jedoch schnell einig. "Zuerst standen die mentale Vorbereitung, Stimm- und Emotionsübungen auf dem Stundenplan, drei Stunden in der Woche", so Kreutner. Danach blieb noch ein halbes Jahr Zeit, um das Stück zu proben. "Es war eine große Herausforderung, vor den anderen zu sprechen und zu spielen", gab Jana Müller zu. "Wir haben gelernt, über unseren Schatten zu springen und aus uns raus zu kommen."