Erkrath: Willy – der kleine Mann mit dem großen Hunger
1,20Meter groß und 120 Kilo schwer – Willy Fehling war vor mehr als 100 Jahren ein Original, das jeder kannte.
Erkrath. Er war berühmt. Nicht nur in seiner Heimatstadt Erkrath. Weit über die Landesgrenzen hinaus hat sich Willy Fehling vor mehr als 100 Jahren einen Namen gemacht. Wer kann das schon von sich behaupten?
Wäre da nicht ein eher trauriger Anlass, der "den kleinen Willy" aus Erkrath zum Unikum werden lies. Er war mit seinen gerade mal 1,20 Metern Körpergröße kleinwüchsig und dazu noch schwergewichtig, was nicht nur auf der Erkrather Kirmes, sondern auf den Rummelplätzen der Welt für Lacher und Begeisterungsstürme sorgte.
Willy Fehling lies all das tapfer über sich ergehen. Begleitet wurde "der schwerste Zwerg der Welt" von seiner Mutter, die ihn bei seinen Gastspielreisen nicht aus den Augen ließ. Stand eine der vielen Abreisen vom Erkrather Bahnhof bevor, ging dort bereits Tage zuvor eine Meldung über das bevorstehende Ereignis ein.
Denn der kleine Willy passte mit seinen 240 Pfund nicht ins Zugabteil. Also waren immer ein paar freiwillige Helfer zur Stelle, die den Pfundskerl in den Packwagen hoben. Damit er dort auch sicher wieder rauskam, wurde nie vergessen, die Meldung auch an die Zielstation weiterzuleiten.
So manchen Erkrather mag es irritiert haben, dass aus Willys Manteltasche immer eine Ausgabe der damaligen Düsseldorfer Zeitung baumelte. Denn in der Stadt war bekannt, dass der schwergewichtige Zwerg nur zwei Jahre lang zur Schule gegangen war und das Lesen nie gelernt hatte.
In den Annalen heißt es, man habe ihm trotz aller Mühen nichts beibringen können. Deshalb ging Willy Fehling früh auf Reisen und verdingte sich in etlichen Gasthäusern Europas als kurioser Empfangschef.
Seine Prominenz stieg ihm zu Kopfe. Jedenfalls ließ er es sich nicht nehmen, bei seinen Heimaufenthalten mit vornehmen Zylinderhut und Spazierstock durchs Städtchen zu flanieren.
Immer wieder blieb er stehen, um sich zu vergewissern, dass die Leute ihn auch beachteten. Von den vielen Hänseleien ließ er sich dabei nicht stören. Jedenfalls landete sein Stöckchen ab und an auf dem Rücken der Erkrather Lausbuben, die sich einen Spaß mit ihm machen wollten.
Überliefert ist auch, dass der schwerste Zwerg der Welt einen gesunden Appetit gehabt haben soll. Gelegentlich soll er die Henkelmänner der Bauarbeiter als herrenloses Gut betrachtet haben. Wenn der Hunger allzu groß wurde, verdingte sich der kleine Willy als Kartoffelschäler auf dem Bauernhof. Natürlich nicht, ohne sich danach den Bauch mit Reibekuchen vollzuschlagen.
Ab und an war Willy Fehling auch eine Attraktion auf der Erkrather Kirmes, wo er sich meistens auf ein hölzernes Karussellpferd heben ließ. Immer wieder mal sah man ihn auch mitten auf der Straße, wo er sich niederließ, um mit langen Stricknadeln Strümpfe zu stricken. Dafür gab´s Lob von den Mädchen aus der Weberei, was den kleinen, dicken Willy wohl ganz besonders gefreut haben dürfte.