Gruiten: Ein Treffen von Zeitzeugen

Schule: Die Schüler, die 1940 die ehemalige Volksschule in Gruiten besuchten, sehen sich wieder.

Gruiten. Sie waren 1940 - mitten im Zweiten Weltkrieg - die ersten, die in die damalige Volksschule in Gruiten eingeschult wurden. Jetzt wollen sich die ehemaligen Klassenkameraden von damals zum 70-jährigen Jubiläum wiedersehen. Am Donnerstag, 8.April, treffen sie sich im Hotel Haus Pook an der Osterholzer Straße.

"Ein Treffen nach 70 Jahren dürfte nicht alltäglich sein", sagt Udo Koch-Mehrin, einer der Schüler von damals, der heute in Velbert lebt. Von den etwa 50Mädchen und Jungen, die mit ihm zur Schule gegangen sind, lebt heute nur noch knapp die Hälfte. Zu dem Treffen nach Ostern haben aber immerhin schon 14Frauen und Männer zugesagt.

"Wir, die wir den Geburtsjahrgängen 1933/34 angehören und unsere Einschulung zu Beginn des Kriegs erlebt haben, gehören vermutlich mit zur letzten Generation von Zeitzeugen, die sowohl noch das Terrorregime des NS-Staats als Kinder miterlebt, aber auch in den verschiedensten Funktionen aus Überzeugung am Aufbau unseres demokratischen Rechtsstaates mitgewirkt haben", sagt Koch-Mehrin, Onkel der FDP-Europa-Abgeordneten.

Unter anderem sei ihnen der Bombenangriff auf die Bahnstrecke Vohwinkel-Gruiten in der Neujahrsnacht 1944, in der es auch in Gruiten Tote und Zerstörung gegeben hat, noch sehr in Erinnerung.

Udo Koch-Mehrin erinnert sich mit Hilfe des Klassenbildes aus dem drittenSchuljahr an einige seiner Mitschüler und an Klassenlehrerin Maria Büchter. Er selbst ist der Junge, der in der obersten Reihe auf der rechten Seite in der Mitte steht.

Sein Vater war damals Pfarrer der evangelisch-reformierten Gemeinde in Gruiten und wurde als Pfarrer der Bekennenden Kirche unter anderem von der Gestapo scharf beobachtet. Von der Rheinischen Landeskirche, die damals von den Deutschen Christen, einer rassistischen, antisemitischen und am Führerprinzip orientierten Strömung im deutschen Protestantismus geprägt war, wurde er wegen seiner Weigerung, den Eid auf den "Führer" zu leisten, in den Wartestand versetzt und konnte so nicht gewählt werden, sagte Koch-Mehrin.

Das Mädchen, das unmittelbar vor der Lehrerin Maria Büchter steht, ist ihre Nichte Renate Büchter, die laut Koch-Mehrin noch heute in Gruiten lebt. Der Junge links neben Maria Büchter mit den dunklen Haaren sei Oskar Wenzel, so Koch-Mehrin Sohn eines jüdischen Vaters, der Offizier im Ersten Weltkrieg war, und einer deutschen Mutter. "Die Familie Wenzel hatte es in der NS-Zeit wegen der NS-Gesetze durch die Behörden sehr schwer", sagt Koch-Mehrin. Vermutlich nur, weil sie einen "kriegswichtigen" landwirtschaftlichen Betrieb unterhielt, habe die Familie die Zeit überstanden.

Koch-Mehrin: "Oskar ist nach dem Krieg nach Australien ausgewandert und hat mit seiner deutschen Heimat dem Vernehmen nach vollständig gebrochen."