Erkrather Geschichte(n) Blick in die Vergangenheit: Wie der Krieg in Hochdahl endete

Erkrath · Vor 80 Jahren, am 16. April 1945, rollten amerikanische Panzer durch Hochdahl. Heimatforscher Herbert Bander hat Berichte über die einschneidenden Ereignisse dieser Zeit gesammelt.

In der Villa Bayer am Falkenberg waren bei Kriegsende amerikanische Besatzungssoldaten einquartiert .

Foto: Hüskes, Achim (achu)

Am 16. April 1945 fuhren amerikanische Panzer von Kemperdick kommend in Trills ein. Der damalige Leiter der katholischen Volksschule Hochdahl-Trills, Heinrich Schreur, hat das einschneidende Ereignis, mit dem der Krieg in Hochdahl endete, in der Schulchronik festgehalten. Der folgende Auszug daraus verdient es, zitiert zu werden.

Schreur schrieb: „Um 5 Uhr erfolgt der erste Granateinschlag in Nähe des Gutes Clef. Von 10.45 Uhr an feuern die vier um Trills stehenden Flakbatterien aus allen Rohren. Am Nachmittag verstärkt sich das Flakfeuer. Im Obstgarten des Bauern Becker in Kempen wird ein amerikanischer Panzer abgeschossen, zwei Mann tot. Anscheinend von der Batterie getroffen, die am Wege nach Millrath steht. Plötzlich von Kemperdick her Feindpanzer. Kein Mensch auf der Straße.

Um 19 Uhr erblicke ich zwei Panzer und mehrere Spähwagen auf das hinter dem Friedhof gelegene Feld fahren. Sie nehmen die Batterie bei Karschhausen unter Feuer. Diese erwidert das Feuer. Das Kreuzen der Leuchtspurgeschosse ist deutlich zu sehen. Die Batterie schweigt. Um 20 Uhr rücken die Amerikaner in Trills ein. Die Panzer halten auf der Straße. Soldaten steigen ab und ruhen sich an den Hauswänden aus.“

Der Chronist Schreur erwähnt nicht, dass bei den Feuergefechten rund um Trills vier Angehörige des Reichsarbeitsdienstes bei ihrem aussichtslosen Einsatz an der Flakstellung am Pimpelsberg ihr Leben verloren. Und auch nicht, dass am Kemperdick zwei deutsche Soldaten, in Hochdahl ein älterer Mann auf der Hauptstraße und auf dem Feldhof der erst 16-jährige Lehrling Peter Weides, tödlich getroffen wurden. Die Gräber der Kriegstoten auf dem Kommunalfriedhof an der Neanderkirche sind noch erhalten und werden auf Kosten der Stadt gepflegt.

Der 17. April 1945 wird in der Chronik als herrlicher Frühlingstag mit einem nicht enden wollenden Strom von Militärfahrzeugen beschrieben. Darunter waren nur noch wenige Panzer, dafür umso mehr Verpflegungs-, Geräte- und Benzinwagen. Generalfeldmarschall Walter Model, der als letzter die militärische Heeresgruppe im Westen („Ruhrkessel“) befehligte, ist in diesen aufregenden Tagen noch am Pumpenhäuschen südlich von Trills gesehen worden.

Aus den ersten Wochen der Nachkriegszeit sind einige Vorfälle ganz unterschiedlicher Art überliefert, die im Gedächtnis der Bevölkerung haften geblieben sind und hier in Erinnerung gerufen werden sollen.

Für die Einheimischen ist die Villa Bayer, eingerahmt von Buchen und Stechpalmen (Ilex), etwas ganz Besonderes. Von dem langjährigen Besitzer Richard Bayer (1883-1972), der mit seiner Frau Erna geborene Schniewind im „Haus Falkenberg“ relativ zurückgezogen lebte, ist eine nette Episode überliefert. Der hatte nämlich bei Kriegsende sein Porzellan und Silber versteckt und die Luke mit einem billigen Teppich kaschiert. Schmunzelnd wusste er später zu berichten, dass darauf amerikanische Soldaten schliefen und, ohne es zu ahnen, den wertvollen Schmuck bewachten.

Den Schauplatz einer besonderen Geschichte bot damals der Bayer-Park. Dieser war rundum eingezäunt und durfte von Fremden nicht betreten werden. Dennoch fanden die Kinder Schlupflöcher, mussten sich aber vor dem Jagdhüter Jakobs in acht nehmen, der im Gärtnerhaus wohnte.

Als junge Mädels aus Klein-Trills am darunter liegenden Hang einen Strauß Margariten stibitzten und zum Eingangstor gegenüber des Bauernhofes Karschhausen zurückeilten, stand dort „ein schwarzer Mann“ (O-Ton der Kinder), der ihnen einen mächtigen Schreck einjagte. Dieser zur Wache eingesetzte Besatzungssoldat indes verzog keine Miene und ließ die kleinen Diebinnen mit den frisch gepflückten Blumen ungehindert vorbeigehen. Eine, die damals dabei war und davon zu erzählen weiß, lebt noch unter uns.

Im Bayer-Park steht am Hang eine hochgewachsene Buche, in deren Rinde die Jahreszahl 1945 und drei Buchstaben eingeritzt sind. Sie stammen von amerikanischen Besatzungssoldaten, deren Einheit bei Kriegsende in der Bayer-Villa für kurze Zeit einquartiert war. Die Ankömmlinge konnten sich im Park frei bewegen und nutzten offenbar ihre freie Zeit, sich hier auf besondere Weise zu verewigen.

Gleich nach dem Kriegsende in Hochdahl stellte der katholische Pfarrer von Trills, Karl Faßbender, eine Gruppe von Männern zu einer Art Hilfspolizei zusammen. Trotzdem konnte nicht verhindert werden, dass ehemalige Kriegsgefangene, die hier zur Zwangsarbeit verpflichtet worden waren, zahlreiche Überfälle meist auf die verstreut liegenden Bauernhöfe verübten. Dabei traf es auch den Hof Kempen. Die Alt-Bäuerin Theresia Becker wurde durch Gewehrschüsse, die eine marodierende Bande durch die verschlossene Schlafzimmertür auf sie abgaben, so schwer verletzt, dass sie wenige Wochen danach verstarb. Und auf dem Falkenberg wurde noch Ende Mai ein Mann in seiner Wohnung von eingedrungenen Russen erschossen, als er sich zur Wehr setzte.

Es gab aber noch mehr Leid: Auf der Unterbacher Straße verlor ein junges Mädchen durch eine unbedacht weggeworfene Handgranate ihr Leben. In der Sandheide wurde ein neunjähriger Junge beim Hantieren mit Eierhandgranaten getötet. Andere Schulkinder erlitten beim leichtsinnigen Umgang mit Munition schwerste Verletzungen (Verlust von Augen, Armen und Beinen).