Gruiten: Saubere Pfeifen, milde Töne
Seit zwei Wochen wird die Orgel in der evangelisch-reformierten Kirche in Gruiten gereinigt, repariert und von Schimmel befreit. Dafür wurde sie komplett auseinandergebaut.
Gruiten. Dort, wo sonst die Gemeindeglieder sitzen, liegen zurzeit 900 Orgelpfeifen. Nach Registern und Größe sortiert, belegen sie die Kirchenbänke. Jede von ihnen wird von außen und innen gereinigt, ihr Kern kontrolliert. Zum Einsatz kommen dabei Flaschenbürsten und Pinsel - die Säuberung der vielen Pfeifen ist Handarbeit.
Theoretisch könnte Robert Matysiak auch mit Druckluft arbeiten, die Pfeifen einfach freipusten. "Aber das machen wir nicht", versichert der gelernte Orgel- und Harmoniumbauer. "Wir wollen hier ja nicht wieder Schimmelsporen verteilen. Denn das 1991 von der Berliner Orgelbauwerkstatt Karl Schuke eingebaute Instrument musste nicht nur einer Grundreinigung unterzogen werden, es galt auch, den leichten Schimmelbefall zu beseitigen. Dafür haben Matysiak und Lukas Kühne, Azubi im zweiten Lehrjahr, alle Holzelemente der Orgel zweimal gereinigt und dann mit einer Borsalzlösung bestrichen, damit sich der Schimmel nicht neu ansetzt. Der hatte sich aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit in dem Gotteshaus gebildet.
18000 Euro kosten die dreiwöchigen Arbeiten. "Das Geld kam hauptsächlich durch Spenden zusammen", sagt Pfarrer Hanno Nell, der den Fortschritt der Arbeiten ebenso interessiert verfolgt wie Organist Peter Metz.
"Wir bauen die Orgel komplett auseinander und setzen die Einzelbauteile nach einer Prüfung wieder ein", sagt Matysiak. Und nicht nur das: "Wir machen den Klang ein Häuchlein milder", sagt der 41-Jährige. "Einige der Register haben wir damals beim Einbau recht knackig intoniert. Das war damals so erwünscht." Heute nimmt davon wieder Abstand. "Wir nehmen die Schärfe raus", sagt der Fachmann, der selbst gar nicht Orgel spielen kann. "Ich muss sagen, dass reizt mich auch nicht", gibt er zu. "Da spiele ich lieber Posaune und Querflöte." Er könne nur bauen und stimmen. "Und man muss natürlich hören können."
Denn bei jeder Orgel, die eingebaut, reinigt oder repariert wird, muss er sich auf den Raum, den sie beschallen soll, einstellen. "Welche Frequenzen nimmt der Saal oder die Kirche an, welche absorbiert er? Da muss ich entgegenwirken, mich mit dem Raum anfreunden."
An der Gruitener Orgel bestehe die Besonderheit, dass sie an der Seite gespielt wird. Dadurch besteht die Gefahr, dass der Organist die Töne unterschiedlich laut hört. Auch das muss Robert Matysiak ausgleichen. "Und es gibt Töne, die knallen hier oben und unten denkt man, die könnten aber noch lauter sein. Und natürlich intoniert man nicht für den Organisten, sondern für die Gemeinde."
Noch eine Woche bleibt Matysiak und seinem Kollegen für die Grundreinigung. Dann werden sie an einem anderen Ort auf der Welt ihre Arbeit fortsetzen. In Japan, Korea, Tawain und Peru hat Matysiak schon Orgeln eingebaut. In Japan unter anderem in einem buddhistischen Tempel, in Peru wurde eine neu gebaute Kirche innerhalb einer Fünf-Sterne-Hotelanlage mit einer Orgel aus Berlin bestückt.
Über die Gruitener Orgel kann Matysiak nur Gutes sagen. "Man merkt, dass das Instrument in einem kleinen Dorf steht. "Sie ist in einem hervorragendem Zustand und war längst nicht so staubig wie andere Orgeln."