Haan: Beim Anfeuern angefreundet

Das Experiment ist gelungen: Alte und junge Fans haben gemeinsam im Jugendhaus Fußball geschaut – und Vorurteile abgebaut.

Haan. Die Straßen sind leer. Kaum ein Lokal in Haan, das nicht über und über mit Flaggen geschmückt ist und Stuhlreihen im Freien vor einem Bildschirm aufgebaut hat. Kaum ein Haaner, der ohne die Nationalfarben unterwegs ist. Eine Deutschlandfahne als Rock, als Kopfbedeckung oder einfach nur in der Hand gehalten, schwarz-rot-gold geschminkte Gesichter und lackierte Fingernägel sind zu sehen. Haan ist im Fußballfieber, egal ob Jugendlicher oder rüstiger Senior.

Das Jugendhaus an der Alleestraße füllt sich bereits eine Stunde vor Anstoß: Zunächst sind es vor allem junge Fußballfreunde, die sich auf das Spiel freuen. Doch nach und nach treffen auch immer mehr rüstige Fans ein. Es ist eine besondere Veranstaltung, die ansteht. Nicht nur, weil es das Auftaktspiel der deutschen Mannschaft ist: "Rudelgucken für Alt und Jung", beschreibt Jugendreferent Dieter Köhler (59). "Weder nach unten noch nach oben gibt es eine Altersbegrenzung. Jugendliche und Senioren sollen gemeinsam mit unserer Elf mitfiebern."

Die Veranstaltung ist Auftakt der Aktion "Begegnung zwischen den Generationen". Auslöser war der Bericht im Jugendhilfeausschuss Mitte März von Diplom-Sozialpädagogin Antje Bemmer, die seit November 2008 als Streetworkerin der Stadt im Einsatz ist. Sie berichtete, dass Haans Jugendliche den Senioren gegenüber oft aggressiv und beleidigend gegenübertreten würden und sich ältere Menschen deshalb unsicher fühlten.

Diese Ansicht teilten die Mitglieder des Ausschusses zwar nicht, trotzdem waren sie sich einig, dass das Miteinander von Jung und Alt gefördert werden müsse. "Die Fußball-WM stand vor der Tür. Da lag ein gemeinsames Public Viewing auf der Hand", erzählt Jugendparlament-Koordinator Daniel Oelbracht (31). Also luden sowohl Jugendparlament als auch Seniorenbeirat ihre Zielgruppen zu der Veranstaltung ein, auf Internetseiten und über die Medien wurde geworben. "Wir haben Platz für 200 Leute. Es wäre schön, wenn möglichst viele kommen", sagt Oelbracht.

"Ich fand die Idee gleich gut. Die jungen Leute machen eine tolle Stimmung. Allein wie sie sich zurecht gemacht haben, sorgt für eine gute Atmosphäre. Früher hat man einfach bei sich im Wohnzimmer geschaut. Heute ist Fußballgucken eine richtige Großveranstaltung geworden", freut sich Herbert Ziegler (62).

Auch die Jugend ist positiv überrascht. "Ich hätte gedacht, die älteren Besucher si³nd still und ruhig", gibt Friderike (17) zu. Doch bereits vor Spielbeginn wird diskutiert. "Da können wir sogar noch was lernen. Zum Beispiel, wenn sie von Weltmeisterschaften erzählen, die lange her sind. Das ist richtig spannend."

Dass die Generationen miteinander ins Gespräch kommen, hofften auch die Veranstalter. "Gemeinsam freuen, mitfiebern, Spielzüge diskutieren - da ist das Alter doch Nebensache. Auch nach dem Spiel kann man noch miteinander reden", sagt Oelbracht.

Das Auftaktspiel der Nationalelf in dieser WM soll nicht die einzige Veranstaltung bleiben. Oelbracht: "Geplant ist eine Lesung in der Stadtbücherei. Gelegenheiten und Themen wird es auch künftig genug geben."