Haan: Dieses Abi ist ein Traum

Vor Jasper Schmitz hat kein Waldorfschüler ein so gutes Abitur gemacht. Sein Notendurchschnitt liegt bei 1,0. Trotzdem beginnt er erst einmal eine Ausbildung.

Haan. Nein, wie ein Streber sieht Jasper Schmitz nicht aus. Dabei könnte man bei einem Blick auf sein Abiturzeugnis durchaus auf den Gedanken kommen, dass der 19-Jährige in den vergangenen Jahren außer Schule nicht viel anderes im Sinn hatte.

"Ich habe Schulgeschichte geschrieben", sagt er und sieht dabei eher verwundert, denn stolz aus. Ein Abitur mit 1,0 zu bestehen, das gibt es nicht alle Jahre. Auch an der Waldorfschule Haan-Gruiten nicht. Jasper Schmitz ist es jetzt gelungen. Kein Waldorfschüler vor ihm hat die 13 Jahre Schulleben so erfolgreich abgeschlossen wie er.

Dabei ist sich der sympathische junge Mann sicher, nicht mehr als andere gelernt zu haben. "Ich bin viel mit meinen Freunden weggegangen", sagt er. Auch viel Sport habe er getrieben - er geht ins Fitnessstudio, joggt und spielt Fußball auf dem Bolzplatz. "Aber wenn ich gelernt habe, dann ganz bewusst und intensiv. Ich glaube, dadurch habe ich die Dinge besser verstanden und mir wahrscheinlich viel Zeit erspart."

Und wie sieht die Zukunft mit einem solch guten Abitur aus? "Mein Vater hätte es gerne gesehen, wenn ich ein duales Studium absolviert hätte. Aber das hätte viel Arbeit und wenig Freizeit bedeutet", sagt Japser Schmitz. Und das wollte er sich dann doch nicht antun. Aber weil er auch noch nicht weiß, was er studieren will, beginnt er am 1.September erst einmal eine Ausbildung zum Industriekaufmann bei 3M in Neuss.

"Ich interessiere mich für Wirtschaft", beschreibt er seinen Berufswunsch noch ein wenig unklar definiert, versichert aber: "Studieren will ich auf jeden Fall." Und dann steht auch der Auszug von Zuhause an. "Darauf freue ich mich schon", sagt er. Hamburg, dort arbeitet sein Vater unter der Woche, oder auch Berlin würden ihn als neue Heimat reizen. Sorgen um einen Studienplatz muss er sich mit seinem Abitur auf jeden Fall nicht machen.

Und Wehr- oder Zivildienst muss er auch nicht leisten. "Da habe ich Glück gehabt", sagt er. Ein Riss in der Kniescheibe, der vor ein paar Jahren seine aktive Fußballkarriere beendete, hat ihm die Ausmusterung beschert. "Als ich damals die Diagnose erhalten habe, ist eine Welt für mich zusammengebrochen", erinnert er sich.

Den Riss hat er von Geburt an, er hat sich aber erst äußerst schmerzhaft bemerkbar gemacht, als Jasper Schmitz drei- bis viermal in der Woche Fußball beim VfB Hilden gespielt hat. "Die Schmerzen waren so stark, da musste ich aufhören", sagt er. Dabei kickte er damals mit der C-Jugend in der Niederrheinliga (heute Verbandsliga) und engagierte sich anschließend noch zwei Jahre als Jugendtrainer. "Aber als die Vorbereitungen für das Abitur begannen, hatten die natürlich Priorität", sagt er.

Dass er damals Sorge hatte, auf der Waldorfschule nicht die optimale Vorbereitung auf das Zentralabitur zu erhalten, gibt er offen zu. "Ich habe damals am Gymnasium hospitiert, mich dann aber doch für die Waldorfschule entschieden", sagt er. Grund genug für seine Lehrer, ihn nachdrücklich daraufhinzuweisen, wie gut es gewesen sei, dass er geblieben ist. Er selbst findet das auch und sagt: "Meine Kinder würde ich auch auf die Waldorfschule schicken."