Immer mehr Bürger bewaffnen sich

Die Zahl der neu ausgestellten Kleinen Waffenscheine ist in den letzten Monaten rasant gestiegen. Doch die Polizei rät zu anderen Alternativen.

Immer mehr Bürger bewaffnen sich
Foto: Oliver Killig/dpa

Kreis Mettmann. Wer einen Kleinen Waffenschein bei der Polizei beantragt hat, darf draußen mit einer Schreckschusswaffe herumlaufen, so lange er sie nicht offen zeigt. Nur wer persönlich bei der Polizei vorspricht, darf ihn beantragen. Im vergangenen Jahr sind die Zahlen im Kreis Mettmann rasant in die Höhe geschnellt.

1893 Personen aus den zehn Städten des Kreises Mettmann haben den Kleinen Waffenschein bei der Kreispolizeibehörde beantragt. Das sind 1454 mehr Anträge als ein Jahr zuvor und entspricht einer Steigerung von 712 Prozent. Tatsächlich erhalten haben den Kleinen Waffenschein im vergangenen Jahr 1658 Personen, also 235 weniger als ihn beantragt haben. Das liegt daran, dass nicht alle die Voraussetzungen für die Erteilung des kleinen Waffenschein erfüllt haben. Die sind neben Volljährigkeit, ein fester Wohnsitz, Zuverlässigkeit und die persönliche Eignung.

Dazu zählt vor allem: Keine Vorstrafen — die Grenze einer Geld- oder Jugendstrafe liegt bei 60 Tagessätzen. Dazu kommt keine Drogen- oder Alkoholabhängigkeit und keine Mitgliedschaft bei einer verbotenen Organisation oder einer als verfassungswidrig erklärten Partei. Die stark gestiegene Zahl der Anträge führte bei der Kreispolizei zu längeren Bearbeitungszeiten. Erst mit mehr Personal konnte die Antragsflut abgearbeitet werden.

Den Kleinen Waffenschein gibt es schon seit dem Jahr 2002. Damals galt das als eine Reaktion auf die sich häufenden Amokläufe an Schulen. In den vergangenen Jahren beantragten etwa 200 Bürger pro Jahr den Kleinen Waffenschein. Dass es nun so viel mehr sind, hat offenbar etwas mit dem „subjektiven Sicherheitsgefühl“ der Bürger zu tun, so Polizeisprecherin Claudia Partha.

Allein in den ersten sechs Monaten nach der Kölner Silvesternacht lagen bereits mehr als 1000 Anträge vor. „Wir rechnen aber damit, dass etwa aufgrund der Axt-Angriffe am Düsseldorfer Hauptbahnhof vor wenigen Tagen wieder mehr Anträge auf den Kleinen Waffenschein hinzu kommen“, sagt Claudia Partha. Sobald es den Medien neue Meldungen über Attentate gebe, steige auch die Zahl der Anträge. Die Altersgruppe der Antragsteller reiche von 18 bis 85 Jahren, da gebe es keine „typische Klientel“, so Partha. Die Polizeisprecherin sagt, eine Schreckschusswaffe geben den Leute möglicherweise das Gefühl, in Situationen nicht hilflos dazustehen und ausgeliefert zu sein.

Die Polizei rät von Gas- und Schreckschusspistolen oder auch Pfefferspray ab. Wenn man den Umgang damit nicht gewöhnt ist, kann die Handhabung in Stresssituationen problematisch werden. Die zum Teil täuschend echt aussehenden Schreckschusspistolen könnten sogar dazu führen, dass eine Situation eskaliert. Pfefferspray könne ein Angreifer aus der Hand reißen und gegen einen selbst einsetzen. Besser sei es, eine sogenannte taktische Taschenlampe oder ein Alarmgerät mit schrillem Ton bei sich zu haben. Eine taktische Taschenlampe kostet etwa 60 bis 100 Euro und hat eine sehr hohe Lichtkraft, mit der Angreifer geblendet werden können.

Die Polizei im Kreis Mettmann ist sich noch nicht sicher, ob es sich bei der hohen Zahl der Anträge auf einen Kleinen Waffenschein um ein zeitlich befristetes Phänomen handelt oder die Zahl dauerhaft auf hohem Niveau bleibt. In NRW gab es im Vorjahr mehr als 121 000 Anträge, rund 50 000 mehr als 2015.