„Journalisten sind dafür da, Geheimnisse zu verraten“

Lothar Leuschen besuchte das Berufskolleg Niederberg in Velbert.

Foto: Ulrich Bangert

Velbert. „Das war sehr spannend, ich lerne immer gerne was von jungen Leuten“, so das Fazit von Lothar Leuschen, der anderthalb Stunden mit Schülern des Berufskollegs Niederberg über Nachrichten, Fakenews und Zeitung plauderte. Der Besuch des stellvertretenden Chefredakteurs der Westdeutschen Zeitung war der krönende Abschluss eines achtwöchigen Zeitungsprojektes. Naturgemäß haben die angehenden informationstechnischen Assistenten kaum eine Verbindung zur klassischen Zeitung auf Papierform, dafür eine hohe Affinität zum Internet. „Facebook ist out, da gehe ich nur noch selten rein, um zu gucken, was für einen Mist die Leute darin setzten“, beschrieb ein Schüler die sich rasch ändernden Plattformen. Die künftigen Programmierer haben eine Ahnung, dass sie im Internet zwischen richtigen falschen Nachrichten unterscheiden müssen.

Nachrichten-Praktiker Leuschen verwies auf die Machenschaften, wie im US-amerikanischen Wahlkampf versucht wurde, über geschickt platzierte Falschmeldungen, die Wähler zu beeinflussen. „Es ist gut und wichtig, Nachrichten einordnen zu können. Wenn ihr Entscheidungen auf der Basis falscher Nachrichten trefft, ist das total doof“, so die Feststellung von Lothar Leuschen. „Wer macht was in meinem Leben? Dafür ist Medienkompetenz wichtig.“

Nach zwei Monaten täglicher Zeitungslektüre hatten die jungen Leser einige Fragen: „Warum ist soviel Werbung drin?“ „Alles, was im Lokalteil steht wird, wird geschrieben, das kostet Geld, aber das sind Nachrichten, auf die man sich verlassen kann“, garantiert der Redakteur und erläutert das journalistische Handwerk: „Behauptungen werden überprüft. Steht zum Beispiel bei einer üblen Nachrede Aussage gegen Aussage, wird das im Zweifel nicht veröffentlicht. Die publizistischen Aussagen basieren weitgehend auf dem Grundgesetz.“

Bei bestimmten Nachrichtenlagen, wie dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt, riet Leuschen seinen jungen Zuhörern, nicht den schnellsten Medien zu vertrauen, denn denen geht es dabei nicht um Qualität. Die Pressefreiheit war ein weiteres Thema. „Polizei und Staatsanwaltschaft mauern schon mal, dann recherchieren wir eben selber, da sind wir ganz wild drauf. Journalisten sind nicht dafür da, Geheimnisse zu behalten, sondern sie zu verraten“, brachte es der Gast auf den Punkt.

Auseinandersetzungen mit den Menschen, über die geschrieben wurde, gibt es täglich. Die einen fühlen sich zurückgesetzt, Politiker meinen, man habe falsch berichtet. „Wenn Politiker den Journalisten auf die Schulter klopfen, haben wir was falsch gemacht“, so der Chronist, der seinen Zuhörern zum kritischen Konsumieren von Nachrichten anhielt. Besonders schwierig für den Zeitungsmacher in einer sich ständigen Medienlandschaft ist es, den Leser zu erreichen. „Wie schaffen wir es, unsere Nachrichten im digitalen Zeitalter zur verkaufen? Ganz ehrlich, wir wissen nicht, was kommt.“