“Haste Töne?“ Offenes Singen im Café Einblick So finden „Meer und Mensch“ zusammen

Mettmann · Ein Mal pro Monat kommen Menschen im „Café Einblick“ zusammen, um miteinander zu singen.

Mit einem Shanty in die hohe See gestochen: Knapp 40 Frauen und Männer gehörten beim Offenen Singen im Café Einblick zur Crew.

Mit einem Shanty in die hohe See gestochen: Knapp 40 Frauen und Männer gehörten beim Offenen Singen im Café Einblick zur Crew.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

(dne) Die Samstags-Einkäufer und Flaneure halten kurz inne auf dem Lavalplatz und lauschen. Denn aus der offenen Tür des Café Einblicks weht deutlich ein plattdeutsches Shanty. Der Gassenhauer vom Hamburger Veermaster kapert die Gedanken im Nu – auch wenn es im Text so gar nicht freundlich um den Schiet und Smeer an Deck, um den schon von selbst laufenden, verdorbenen Schiffszwieback und die eher zweifelhaften Segeleigenschaften dieses Seelenverkäufers mit vier Masten (Veermaster) geht. Sofort sind rund 40 spontan mitsingende Mettmannerinnen und Mettmanner – immerhin sind sechs Männer sind Teil dieser Crew – in ihren Gedanken an der Küste und auf hoher See.

Einmal im Monat kumpelt das Café der Evangelischen Kirchengemeinde: „Haste Töne?“ lautet die Gretchenfrage. „Na klar!“ haben an diesem Samstag außergewöhnlich viele Menschen gerufen und so rechtzeitig zu Hause abgelegt, dass sie hier vor Anker gehen konnten. Ein Sitzplatz, ein Wasser oder Kaffee und vier Blätter mit Text und Noten – mehr braucht es nicht, um komplett einzutauchen in das Tagesmotto „Meer und Mensch“. Evi Claßen staunt, als sie in die Runde blickt: „So viele Mit-Sängerinnen und Sänger waren wir selten“, sagt die ehemalige Musiklehrerin des Konrad-Heresbach-Gymnasiums. Es sind etwa doppelt so viele Teilnehmende gekommen wie der gefühlte Durchschnitt in den zurückliegenden zehn Jahren. So lange gibt es das offene Singen hier schon, betreut und organisiert von Helmut Naaf und Evi Claßen. Letztere steht heute mit ihrer Gitarre solo am Ruder. Helmut Naaf urlaubt noch. Gemeinsam haben sie das Motto und die dazu passenden Stücke ausgesucht. Ansonsten steht nicht die krampfhafte Suche nach der Perfektion im Mittelpunkt, macht Evi Claßen deutlich: „Wenn Sie mal den Text nicht wissen, singen Sie einfach ‚Lalala‘!“ Hauptsache, es machen alle mit.

Das lässt sich die Gruppe nicht zweimal sagen. Schon liegen sie gemeinsam vor Madagaskar, mit der Pest an Bord, kümmern sich um den „Drunken Sailor“ und singen die Durchhalteparole vom Seemann, den nichts erschüttern kann – keine Angst, keine Angst, Rosmarie! Zwischendrin erläutert Evi Claßen, wie hart das Bordleben war, dass Seeleute rund um die Uhr in Schichten arbeiten mussten und mit den Unbillen der Natur, der Ausbeutung durch den Kapitän und Angriffen von Piraten rangen. Bilder vom Segelschiff „Passat“ liegen aus. So kommen „Mensch und Meer“ zusammen. Höhepunkt der Liedstunde ist der vierstimmige Kanon „By the Waters of Babylon“, den viele mitsummen. Mit den Capri-Fischern legt die Zufallsgemeinschaft nach einer guten Stunde wieder an.

Jutta Kronenberg war mit ihrer Freundin zum ersten Mal da; beide haben begeistert mitgesungen, mitgeschwungen, mitgewippt: „Das war toll. Die Auswahl der Lieder hat uns begeistert und die lockere Art hier. Ich komme bestimmt wieder.“ Einfach mal mitsingen zu können – das gebe es in Mettmann kaum. Kirchenchöre hätten einen klaren Auftrag, viele weltliche Chöre stellten hohe Ansprüche. Bei „Haste Töne“ hingegen stehe der Spaß im Mittelpunkt. Sitznachbar Jürgen Kürten sagt: „Ich komme oft hier hin, um einen Kaffee zu trinken und die Zeitung zu lesen.“ Das Singen sei da ein besonderer Höhepunkt.

Wer es selbst ausprobieren möchte, notiert sich den nächsten Termin: Am Samstag, 17. August, um 10.30 Uhr, heißt es wieder „Haste Töne“ im Café Einblick am Lavalplatz. Dann lautet das Motto: „Mit leichten/m Schwingen“.