Gesundheit in Düsseldorf Wie das Café „Schöne Zeit“ Menschen mit Demenz hilft

Düsseldorf · Das Betreuungsangebot der Arbeiterwohlfahrt für Menschen mit demenziellen Veränderungen soll vor allem Angehörige entlasten.

 Iris Thimm, Anne Kühl, Natalie Buzov, Sabine Schroeder und Dieter Bartelmus (v.l.) kümmern sich um das Café „Schöne Zeit“ in Unterbach.

Iris Thimm, Anne Kühl, Natalie Buzov, Sabine Schroeder und Dieter Bartelmus (v.l.) kümmern sich um das Café „Schöne Zeit“ in Unterbach.

Foto: Marc Ingel

Demenz ist die neue Volkskrankheit. Rund 1,6 Millionen Deutsche leiden an einer Demenzerkrankung. Hinzu kommen 2,5 Millionen pflegende Angehörige, die durch ihren körperlichen (und seelischen) Einsatz rund um die Uhr kaum noch Zeit für sich selbst finden. Die Zentren plus der Awo unterstützen wie auch andere Treffpunkte, die auf Senioren ausgerichtet sind, seit einigen Jahren Menschen mit demenziellen Veränderungen und begleiten parallel ihre Angehörigen in Form von Beratungen sowie individuellen Angeboten. In Lierenfeld gibt es dafür seit Mai 2021 die Betreuungsgruppe „Lebensspuren“, in Unterbach seit Oktober vergangenen Jahres das Café „Schöne Zeit“.

„Ziele des niedrigschwelligen Angebotes sind die Entlastung und Beratung der pflegenden Angehörigen sowie die Begleitung und Förderung demenziell erkrankter Menschen in einem sicheren und vor allem wertschätzenden Umfeld. Die Teilnehmer werden bei der Gestaltung ihrer Tagesstruktur unterstützt und haben zudem die Möglichkeit zur Teilhabe“, umreißt Anne Kühl, Abteilungsleitung Offene Seniorenhilfe bei der Awo, die Herangehensweise. Das Angebot bedarf einer Genehmigung der Stadt – und einer längeren Vorbereitungszeit, denn der angestrebte Betreuungsschlüssel von 2:1 lässt sich nur mit Ehrenamtlichen umsetzen, die vorher ausreichend geschult werden müssen.

Neun Gäste (das Maximum) sind es bereits in Lierenfeld, aktuell drei (zwei Männer, eine Frau) in Unterbach, die regelmäßig dienstags morgens für drei Stunden ins Café „Schöne Zeit“ kommen, um nach einem Frühstück dort zu rätseln, gemeinsam Zeitungslektüre zu betreiben, zu basteln, zu spielen. „Und natürlich wollen wir so auch den pflegenden Angehörigen ermöglichen, mal drei Stunden frei zu haben, einzukaufen oder zum Arzt zu gehen“, erklärt Kühl.

Die Stimmung in der Gruppe sei jedenfalls keineswegs bedrückt, sondern in der Regel sehr lebhaft, berichtet Dieter Bartelmus, Ehrenamtlicher, der zum einen eine langjährige Erfahrung in der Pflege aufweist, durch seine demente Mutter aber auch selbst Betroffener ist. „Das war eine schmerzhafte Erfahrung“, sagt er. Die Café-Gäste seien sehr dankbar dafür, dass man sich Zeit für sie nimmt, es entstehe eine Art Gruppendynamik. „Und wenn einer sagt, er kann das nicht, dann versuche ich, ihn zu motivieren, es zu lernen“, so Bartelmus. Zweimal ist das Angebot kostenlos, danach kann die Teilnahme über den Pflegegrad abgerechnet werden.

Perspektivisch sei bei der Awo angedacht, diese Gruppen für alle acht Zentrum-plus-Standorte anzubieten, „der Bedarf ist auf jeden Fall vorhanden“. Natürlich ist eine Teilnahme freiwillig, „wir bauen da vor allem auf das Vertrauen, das wir hier am Standort genießen, dass sich dieses Angebot herumspricht, die Betroffenen sich herantasten und selbst Lust bekommen, mitzumachen“, sagt Natalie Buzov, Mitarbeiterin im Zentrum plus Unterbach. Denn Fakt ist ja nun mal auch: Demenz ist nichts, was man sich gerne selbst eingesteht, auch wenn der- oder diejenige im frühen Stadium selbstverständlich mitbekommt, dass da etwas nicht mehr so ganz stimmt, dass man vergesslich wird.

Zudem ist die Grenze zu anderen, regelmäßig wahrgenommenen Angeboten des Zentrum plus fließend, bestätigt Iris Thimm, „auch in Kombination funktioniert das gut“. Ohnehin ist das Demenz-Angebot nicht zuletzt ja auf Prävention ausgerichtet, eben auf das Trainieren des Gehirns, wenn erste Anzeichen erkennbar sind. „Es geht vor allem darum, dass die Personen merken, sie bewegen sich in einem geschützten Raum, in dem sie einfach so sein können, wie sie sind. Niemand will sie ändern, sondern vor allem in ihrem Selbstbewusstsein stärken“, betont Sabine Schroeder (ebenfalls Zentrum plus). Das Café „Schöne Zeit“ ist nicht zuletzt deswegen ein besonderes, weil Unterbach eine dörfliche Struktur aufweist, quasi jeder jeden kennt – und die Menschen hier auch alt werden und sich vor Ort nach sinnvoller Beschäftigung in ihrer Freizeit umschauen.