Mettmann Carlos (6) beginnt sein neues Leben
Mettmann. · Dank einer Stammzellenspende von Marcus Heckmüller aus Mettmann hat Carlos seine Leukämie überwunden.
Marcus Heckmüller ist noch ganz beseelt von den drei Tagen, die er jetzt bei Carlos und seiner Familie verbracht hat. Drei Tage, in denen ihm eigentlich völlig fremde Menschen gemeinsam mit ihm die Einschulung ihres Sohnes feierten. Und dennoch gibt es zwischen ihnen eine ganz besondere Verbindung: Der heute sechsjährige Carlos ist sein Blutsbruder. So nennt der kleine Junge seinen großen Freund: Marcus Heckmüller hat ihm Stammzellen gespendet. Mit ihnen konnte Carlos seine Leukämie besiegen.
„Ihr Kind hat Leukämie.“ Als die Eltern des damals knapp zweijährigen Carlos 2014 die niederschmetternde Diagnose erhalten, steht die Welt für sie kurzzeitig still. Ihr Sohn benötigt eine Stammzellspende – seine einzige Chance auf Leben. Zusammen mit der Deutschen Knochemarkspenderdatei (DKMS), Schauspielerin Susan Sideropoulos als prominenter Patin sowie Freunden und Kollegen veranstaltete die Familie eine große öffentliche Registrierungsaktion in Berlin, druckte ein Faltblatt mit Carlos’ Foto und dem Aktionsmotto „Ich will in die Schule gehen“.
Lange war unklar, ob Carlos
seine Einschulung erleben würde
Fünf Jahre später erfüllt sich dieser Wunsch: Carlos wurde Anfang August eingeschult. Ein besonderer Tag, von dem lange nicht klar war, ob der kleine Junge ihn je erleben würde. Die DKMS hat unter dem Titel „Carlos und Du“ eine eigene Seite auf Facebook eingerichtet, auf der die Familie regelmäßig berichtet und auf der auch Fotos der Einschulung zu sehen sind. Marcus Heckmüller war dabei, den die Familie nur noch den „Lebensretter“ ihres Kindes nennt. Heckmüller ist Koch und betreibt gemeinsam mit seinen Eltern das „Hotel am Röttgen“ in Mettmann. Vor rund fünf Jahren, als er noch die Berufsschule besuchte, kam er in Kontakt mit Mitarbeitern der DKMS, die ihm und seinen Mitschülern die Aktivitäten der Knochenmarkspenderdatei vorstellte. Heckmüller hat sich registrieren lassen – und tatsächlich kam einige Zeit später der Anruf der DKMS: „Sie passen. Wann können sie kommen?“
In einer Privatklinik in Köln wurden ihm bei einer Operation Stammzellen aus dem Hüftknochen entnommen. „Das waren zwei kleine Löcher, die man mir da gebohrt hat“, erinnert sich der heute 31-Jährige. Angst? Nein, Angst hatte er „absolut nicht. Wenn ich die Chance habe, Leben zu retten, dann tu ich das, klar“, sagt er. Zwei Jahre lang dürfen sich Spender und Empfänger nicht kennenlernen, eine Regel der DKMS. Doch schon in dieser Zeit erreichte ihn ein Brief, den die Mutter von Carlos ihm geschrieben hatte; anonym, ohne Namen, übermittelt von dem Team der Knochenmarkspenderdatei. „Der war sechs Seiten lang und so ergreifend, dass ich wirklich Tränen in den Augen hatte“, sagt Heckmüller.
Als die Zweijahresfrist vorbei war, nahm die Familie mit Heckmüller Kontakt auf, „und wir haben gleich drei Stunden lang miteinander telefoniert“. Ostern 2018 besuchte die Familie, die in der Nähe von Berlin lebt, den damals 29-Jährigen in Mettmann. Marcus überreichte Carlos einen Plüschlöwen, den dieser sofort „Löwi Marcus“ taufte. Im Garten versteckte Marcus Heckmüller Ostersüßigkeiten, die Carlos suchen durfte, und beide fuhren gemeinsam mit dem Traktor über den Hof.
Fünf Jahre nach der Diagnose
galt Carlos offiziell als geheilt
Heckmüller selbst hat keine Geschwister. 27 Jahre alt musste er erst werden, „bis ich einen Bruder bekam – nun habe ich ihn für den Rest meines Lebens“, sagte er damals. Auch für Carlos’ Eltern Susanne und Jay war der Tag der Einschulung ein bewegender Moment. Viele Jahre haben sie darauf hingefiebert. Genau zur Einschulung jährte sich das Datum der Diagnose zum fünften Mal, und genau fünf Jahre nach der Diagnose wurde Carlos offiziell als geheilt erklärt. „Was das für uns bedeutet? Einfach alles! Unser Leben!“, schreibt Mutter Susanne auf der Facebook-Seite.
Kontakt werden Marcus Heckmüller und der kleine Carlos weiterhin halten. Und ja, gerne hätte der heute 31-Jährige auch selbst einen so süßen Sohn. Er grinst, als er das sagt: „Dazu muss ich aber erst noch die passende Frau finden.“