Mettmann: „Wer bleibt da noch übrig?“
In einer Familie von Berufskillern stirbt das Clanoberhaupt. Wie die mörderische Jagd nach dem Erbe ausgeht, erlebten am Samstag die Gäste des Dinnertheaters.
Mettmann. Die schöne Summe von 70 Millionen Pfund nebst wunderbarem Schloss gehören zur Hinterlassenschaft der jüngst verstorbenen Lucrezia Barlow. Kein Wunder, dass sich zur Testamentseröffnung nicht alleine ihre Kinder, darunter wundersame Exemplare wie der leicht irre Wissenschaftler Lawrence und die männermordende Layla, um Familienanwältin Vanessa Debbenham scharen.
Auch alle Gäste, die sich zum Krimi-Dinner "Blutsbande" im Verein Gesellschaft zu Mettmann einfinden, werden kurzerhand zu erbberechtigten Verwandten gemacht. "Da sind ja auch unsere lieben Cousins aus Sizilien", werden beispielsweise die nichts ahnenden Herrschaften an einem Tisch begrüßt.
Zu späterer Stunde haben zwei weitere "Cousins" die Aufgabe, plötzlich Ablebende in die kühle Gruft zu verbringen. Denn es bleibt nicht bei der einen Toten. Noch ehe als erster Gang des Leichenschmauses die Suppe serviert ist - korrespondierend zum kriminalistischen Verlauf werden Tomatensuppe, Rinderfilet mit Gnocchi und Schokoladencreme serviert - gibt es bereits den nächsten Trauerfall: Schriftsteller Howard D. Ash hat das Zeitliche gesegnet. Und ob sein Tod in einer Familie aus blutrünstigen Killern so überraschend ist, sei dahingestellt.
Denn auch dieser ominöse Autor ("Killer Candy") birgt ein dunkles Geheimnis. Mit viel Musik und unterhaltsamen Tamtam springt auf der Jagd nach dem Erbe der Barlows einer nach dem anderen über die Klinge.
"Wer bleibt denn da noch übrig?", lauteten zwischen den Spielszenen Fragen bei Tisch. "Ob Lucrezia wirklich hin ist? Vielleicht läuft die ja durch die Geheimgänge und mordet." Unschuld, so wird bald klar, ist eine Frage der Ansicht. Motive zum Meucheln hätte theoretisch jeder aus der Sippe, und zwischen komischen Selbstbefragungen und platzierten Schüssen wird klar: Nichts ist wie es scheint.
Dazu setzt das Ensemble Vokal-Akrobaten bewährte Mittel ein, wie zum Beispiel dichten Nebel. Selbstverständlich unterbindet das nicht funktionierende Telefon jedweden Kontakt zur Außenwelt, und harmlos dreinblickende Weibchen sollte man nie unterschätzen. Stünde am Ende des Spiels nicht eine ermüdende, ellenlange Aufschlüsselung über die Rekonstruktion jedes einzelnen Mordes, wäre Blutsbande ein fürwahr schöner Abend. Trotz des ausufernden Schlusses war es abwechslungsreich, unterhaltsam - und überraschend.