Mutmaßlicher Handy-Räuber leugnet Anwesenheit am Tattag
Indizien reichen für eine Verurteilung nicht aus. Opfer in Therapie.
Erkrath/Wuppertal. Es war an einem dunklen Dezemberabend am Stadtweiher. Ein 17-Jähriger telefonierte gerade mit einem Freund, als vor ihm plötzlich ein Mann mit Kapuze über dem Kopf und vermummtem Gesicht auftauchte. Er solle sein Handy rausrücken, sonst steche er ihn ab — an diese Worte konnte sich das Opfer gestern vor Gericht noch gut erinnern. Dazu kamen eine verstellte Stimme und die Tatsache, dass der Täter kleiner gewesen sei als er selbst. Das Messer an seinem Bauch habe er deutlich fühlen können.
Der Angeklagte, der ihm gestern im Gerichtssaal gegenübersaß, bestreitet hingegen die Tat. Er sei zwar im Besitz des gestohlenen Handys gewesen, will das aber erst Tage später von einem Bekannten am Hochdahler Markt gekauft haben. Dort habe er damals auf seinen Bus gewartet, der Bekannte habe 50 Euro haben wollen, und schließlich habe man sich auf die Übergabe von 35 Euro geeinigt. Monate später sei ihm das Samsung Galaxy 4 dann in einem Freibad gestohlen worden.
Es ist eine verwirrende Geschichte, die sich da gestern vor den Zuhörern ausbreitete. Möglicherweise sitzt der vermeintliche Täter zu Unrecht auf der Anklagebank. Er selbst behauptet felsenfest, am Tattag nicht in Erkrath, sondern in Velbert bei der Mutter seiner Kinder gewesen zu sein. Und das Opfer selbst hat zu wenig gesehen, um denjenigen zweifelsfrei identifizieren zu können, der damals am Stadtweiher für Angst und Schrecken sorgte. In den kommenden Verhandlungstagen wird es darum gehen, noch mehr Indizien zusammenzutragen.
Bereits jetzt ist klar: Im Hintergrund gibt es auf beiden Seiten tragische Geschichten. Denn für den mittlerweile 19-Jährigen, der damals beraubt wurde, war das nicht der erste Überfall. Schon zuvor war er von Schulkameraden auf dem Pausenhof erpresst worden. Mit seinem Wohnungsschlüssel hatten sich die Jugendlichen danach Zutritt zu seinem Elternhaus verschafft, um dort Wertgegenstände zu stehlen. Der junge Mann bekam danach starke Ängste und war mehrere Jahre wegen einer Sozialphobie in psychiatrischer Behandlung. „Mein Sohn konnte nicht mehr vor die Tür gehen und hat oft in der Schule gefehlt“, erinnert sich die Mutter. Die Therapie war gerade beendet und der Jugendliche zum ersten Mal wieder am Stadtweiher unterwegs, als er wieder überfallen wurde. Die Therapie begann erneut.
Der vermeintliche Täter hingegen erzählte gestern von einer Kindheit, die von der Heroinabhängigkeit beider Eltern überschattet wurde. Gemeinsam mit zwei Geschwistern kam er für mehrere Jahre ins Heim. Mittlerweile hat er selbst zwei Söhne, die bei der Mutter leben. Stabile Verhältnisse gibt es noch immer nicht. Das Gericht muss nun klären, ob man ihm die Tat wirklich nachweisen kann. Bei einer Verurteilung wegen Raubes drohen ihm zwischen zwei und zehn Jahre Haft.