Kitas schlagen in „Black Week“ Alarm Kita-Kids gehen für bessere Betreuungsbedingungen auf die Straße

Mettmann · Der Arbeitsmarkt ist leer gefegt, die Kita-Teams unterbesetzt und überlastet. Um die Kinderbetreuung zu sichern, muss oft improvisiert werden. Ein Erlebnisprotokoll.

Carina Pail (li) und Kita-Leiterin Alexandra Töpfer von der Kita Goldberg beteiligen sich in Mettmann an der Black Week.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

In Schwarz gehüllt wollen Erzieher ein deutliches Zeichen setzten: „So kann es nicht weitergehen!“ Bis Freitag findet die landesweite „Black Week“ statt. Auch die Kita Goldberg beteiligt sich an der Aktionswoche und möchte damit auf zentrale Probleme wie den Arbeitskräftemangel, Finanzierungs- und Versorgungslücken und Mangelverwaltung aufmerksam machen.

Neben den allgemeinen Anliegen betont Einrichtungsleiterin Alexandra Töpfer, inwieweit „wir in der Basis betroffen sind, da es uns im Kern trifft“. Denn obwohl in der Kita alle Stellen besetzt sind und es einen zusätzlichen Puffer von einer halben Stelle gibt, ist es „uns oftmals leider nicht möglich alle 55 Kinder zu betreuen. Bei einem Ausfall von zwei Fachkräften müssten zum Beispiel ungefähr 20 Kinder zu Hause betreut werden.“

Solche Ausfälle sind bedauerlicherweise keine Ausnahme und betreffen auch nicht nur die Kita Goldberg oder die Stadt Mettmann.

Die bundesweite Krankheitsquote bei Erziehern fällt mit mehr als 30 Tagen im Jahr „sehr hoch“ aus. In Krankheitsfällen muss die Zahl der zu betreuenden Kinder also entsprechend reduziert werden.

Um die Folgen aufzufangen, setzte die Kita Goldberg zunächst aufs Solidaritätskonzept. „In den ersten paar Jahren sind wir ganz gut damit gefahren, weil uns viele Eltern sehr entgegengekommen sind. Allerdings zeichnet sich mittlerweile stark ab, dass bestimmte Familien ständig ihre Kinder zu Hause betreuen und andere wiederum gar nicht“, führt die Einrichtungsleiterin aus. Dieses Ungleichgewicht ist nicht tragbar, weil jedem Kind das Recht auf Bildung und Betreuung zusteht, was so nicht ausreichend gewährleistet werden kann. „Die Umstände sorgen für viel Unmut untereinander, worunter das Miteinander leidet.“

Stephanie Lutz, Mitglied der Elternvertretung, lobt wie „vollkommen zufrieden die Eltern mit der pädagogischen Betreuung in der Kita Goldberg sind“, alle fühlen sich wohl. „An der Qualität mangelt es nicht, nur wir hätten gerne mehr davon.“

Die Finanzierung ist
eines der Kernthemen

Elternbeiratsvorsitzende Sandra Pail ergänzt: „Alltagshelfer können zwar nicht bei der Betreuung der Kinder eingesetzt werden, weil durch eine unzureichende Ausbildung eine Kindeswohlgefährdung riskiert werden würde, trotzdem kann man helfen.“ Sie hat beispielsweise Aufgaben wie Spülen oder Kartoffelschälen übernommen. Gäbe es mehr Eltern, die „ein bis zwei Stunden opfern könnten, würde das schon viel zur Entlastung beitragen“. Wenngleich Markus Neukirch, ebenfalls aus dem Elternbeirat, anfügt, dass es natürlich nicht in allen Jobs möglich sei, „flexibel einzuspringen und zu helfen“.

Positiv sei das System der praxisintegrierten Ausbildung, kurz „Pia“ genannt, das den Einsatz von mehr Kräften ermöglicht. „Doch auch hier fehlt es leider massig an Geld.“

Die mangelnde, nicht auskömmliche Finanzierung ist eines der Kernthemen der Black Week. Riesig seien hier die Unterschiede der einzelnen Träger, tendenziell „befinden wir uns aber auf einem guten Weg für die finanzielle Wertschätzung des Erzieherberufs“, schätzt Alexandra Töpfer die Situation ein.

Auch die Vorstellungen des Berufsbildes sind inzwischen realistischer. Die Leute wissen, dass Erzieher zu sein nicht bedeutet, den „ganzen Tag mit Kindern zu spielen“. Längst sind pädagogische Arbeit und didaktische Wissensvermittlung in den Vordergrund gerückt. „Durch die Möglichkeit seine individuelle Persönlichkeit kreativ einzubringen, ist zusätzlich ist eine gewisse Vielfalt geboten“, sagt Alexandra Töpfer über ihren Beruf. Ihr und den Eltern ist es besonders wichtig, dass die „Black Week“ ein klares Bewusstsein über die aktuellen Missstände schafft. Wer sich für die Verbesserung der Rahmenbedingungen einzusetzen möchte, kann sich noch bis zum 9. Juli an der Petition „Jedes Kind zählt“ beteiligen.