Werkswohnungen: Bauverein will Häuser abreißen
Die jetzigen Mieter müssen sich deshalb bis zum Jahr 2016 neue Wohnungen suchen. Manche wohnen dort schon ein Leben lang.
Mettmann. Wut und Enttäuschung: In den alten Werkswohnungen an der Georg-Fischer-Straße rumort es. „Viele Frauen weinen nur noch“, weiß Siegfried Ziemen.
Er kennt den Grund: Mehr als zehn Häuser mit mehr als 60 Wohneinheiten will der Mettmanner Bauverein abreißen. „Wo sollen wir denn alle hin?“, fragt Ziemen und kündigt an, „notfalls rechtlich gegen den Bauverein vorzugehen“.
MBV-Geschäftsführer Volker Bauer bestätigt auf Nachfrage das Vorhaben. „Und von dem haben wir zuerst die Betroffenen informiert, unsere Mieter“, sagt er. Abriss und Neubau — das seien die Konsequenzen eines gründlichen Abwägungsprozesses. An dessen Ende habe die Erkenntnis gestanden, dass eine Sanierung im Bestand nicht möglich gewesen sei. „Da hätten sich die Mietpreise verdoppelt“, argumentiert Bauer.
Wahrlich nicht ungepflegt, eher von der industriellen Umgebung geprägt — und in die Jahre gekommen — so wirken die Häuser an der Georg-Fischer-Straße/Ecke Feldstraße. Aus den 1950er-Jahren stammen die früheren Firmenwohnungen, die der MBV 1994 übernommen hatte. Ziemen lebt schon mehr als 40 Jahre dort, „ein Nachbar seit 62 Jahren“. Ein Leben lang.
Mit einer energetischen Sanierung der Häuser allein sei es nicht getan, sagt Bauer. „Wir reden also nicht nur darüber, die Fassaden zu dämmen, Dächer zu erneuern und Fenster auszutauschen. Da muss man auch ans Stromnetz und andere Versorgungsleitungen ran. „Und am Ende gibt es immer noch die gleichen Grundrisse — bei doppelter Miete. 60 Quadratmeter, drei Zimmer, das ist nicht mehr zeitgemäß“, urteilt Bauer.
Aus seiner Sicht „können sich die Mieter nun erst einmal orientieren. Sie haben ausreichend Zeit“. Der Bauverein wolle sie, wenn möglich, als Mieter halten. „Wir werden Alternativen anbieten, auch wenn das nicht immer funktionieren wird.“
Sozialwohnungen, aber auch Reihenhäuser und Eigentumswohnungen könnten an der Georg-Fischer-/Ecke Feldstraße entstehen. Genau Pläne gibt es nicht. Die sollen nun Experten beisteuern.
Mit den Zukunftsplanungen will der Bauverein neue Wege beschreiten. Er hat eine Vereinbarung mit dem Dekanat Architektur der Universität Wuppertal getroffen. Master-Studenten sollen sich Gedanken über das potenzielle Bauareal machen und Vorschläge unterbreiten. „Das ist einer Art Wettbewerb. Die jungen Leute haben sicher mal ganz andere Ideen, frei von zu engen Vorgaben. Ich finde das spannend“, sagt Volker Bauer.
Diese Wettbewerbs-Phase soll im Frühjahr 2014 abgeschlossen werden. „Bewertungen, Jurysitzungen, Ergebnisse, die in ein städtebauliches Konzept einfließen müssen — das nimmt alles seine Zeit in Anspruch“, sagt Bauer, der daher nicht mit einer Baugenehmigung vor Ende 2015, Anfang 2016 rechnet. „Und daher haben wir alle Zeit. Auch die Mieter. Die können sich in Ruhe orientieren“, sagt er. Er sagt aber auch zu, dass „wir die Mieter immer wieder zwischendurch informieren werden“.
Siegfried Ziemen glaubt, „dass das mit 2016 nix wird, wenn die Mieter nicht angemessen woanders unterkommen. Wo denn?“ Bezahlbarer Wohnraum sei doch rar. Er weiß es von Nachbarn und schließt es auch für sich nicht aus, den Klageweg zu beschreiten. „Wenn es nicht anders geht.“