„Winterreise“ begeistert Besucher der Stadthalle
Regine Lewandowski fängt mit starken Texten die Zuhörer.
Mettmann. Fast auf den Tag genau drei Jahre nach der Aufführung von Schuberts „Schöne Müllerin“ hat sich Jo Lingner, langjähriger Gesangsschüler der Musikpädagogin Regine Lewandowski, an die „Winterreise“ gewagt, ein noch schwierigeres Werk des Hochromantikers. Die deutsche Romantik schwärmt oder muss leiden, hier überwog die düstere Stimmung. Ob Schubert oder der Dichter der Winterreise, Wilhelm Müller, oder der Maler Caspar David Friedrich, depressive Stimmung ist allen gemein.
So auch die Figur eines jungen Mannes, der sich in ein Mädchen verliebt hat, deren Mutter gar von Heirat sprach und zu Tode enttäuscht erleben muss, dass der Vater des Mädchens eine bessere Partie für seine Tochter durchsetzte. Und ähnlich wie bei der Schönen Müllerin verlässt der junge Mann das Dorf und irrt durch sein Leben. Trauer, Hoffnungslosigkeit, Todessehnsucht und auch Selbstmitleid bestimmen fortan sein Gefühlsleben.
Regine Lewandowski ließ in ihrer Moderation das Publikum die tiefe Verzweiflung des jungen Mannes miterleben und Jo Lindner vermochte mit seiner sensiblen Stimme diesem „mentalen Tsunami“ Ausdruck zu verleihen.
Fabelhaft war Brigitte Heitmann am Flügel. Die von Schubert fast lautmalerischen Motive im zweiten Lied dieses Zyklus „Die Wetterfahnen“ — hier brauste der Sturm wahrlich durch die Tastatur. Das einzig volkstümliche Lied in diesem Zyklus war „Der Lindenbaum“ unter dem sich der Unglückliche ausruhen wollte, aber auch hier bliesen ihm die kalten Winde ins Gesicht, obwohl er sich nach innerer Ruhe und Frieden sehnte.
Doch ein Hoffnungsschimmer erscheint: das Posthorn erklingt und im Klavier ist das Getrappel der Pferde zu erkennen, aber die Post aus dem Dorf bringt keinen Brief der Liebsten und der junge Mann verfällt wieder in tiefste Traurigkeit und sieht sich in seinen Träumen in einem Wirtshaus, dessen Zimmer einer Gruft gleichen und auch im letzten Lied „Der Leiermann“ will keine Hoffnung aufkommen, - die Trauer um die verlorene Liebe ist zu groß und die Rückkehr in eine Gemeinschaft nicht zu schaffen.
Regine Lewandowski konnte die Zuhörer mit ihren starken Texten einfangen und von Jo Lingner war es eine bewundernswerte Leistung, diese exzessiven Gefühlsschwankungen in so behutsame Form zu gießen. Brigitte Heitmann hatte diese Partie garantiert nicht zum ersten Mal gespielt — exzellent und rundete mit einem bekannten Impromptu von Schubert, den Abend ab.