Neandertal: Vom Schrottplatz zum Unesco-Weltkulturerbe?
Der Fundort der Knochen des Urzeit-Menschen war lange Zeit unbeachtet. Eine Ausgrabung brachte die Wende.
Kreis Mettmann. Es war nur eine kurze Episode an dem geschichts-trächtigen Ort, aber sie empört den Archäologen Ralf W. Schmitz noch heute, wenn er an den Zustand des Fundortes Neandertal in den 1980er Jahren zurückdenkt.
Damals war an der Stelle, an der 1856 die ersten Knochen des Neandertalers gefunden wurden, ein Schrottplatz. Und niemand dachte zu dieser Zeit, dass sich unter all den zerbeulten, verrosteten Karossen noch weitere Knochen des Urzeitmenschen befinden könnten. Ende der 1990er-Jahre aber schlug Schmitz mit seinem Kollegen Jürgen Thissen die Zelte im Neandertal auf, um am alten Fundort noch einmal nach Überresten zu suchen.
Im Jahr 2000 machten sie einen spektakulären Fund, der weltweit für großes Aufsehen sorgte: Sie fanden ein Jochbein, das genau an die Schädeldecke passte, die im Jahr 1856 italienische Kalkarbeiter gefunden hatten. Dadurch wurde es möglich, das Gesicht des Neandertalers zu rekonstruieren.
Jahre später nun bemüht sich die Stiftung Neanderthal Museum darum, dass aus dem einstigen Schrottplatz ein Weltkulturerbe der Unesco wird. Die Bewerbungsunterlagen hat sie beim Bauministerium des Landes NRW im vergangenen Jahr eingereicht. Dort soll entschieden werden, ob der Fundort in die engere Auswahl der Denkmäler kommt, die der Unesco als Weltkulturerbe vorgestellt werden.
„Die Abschlussbewertung läuft noch. In den kommenden Tagen werden die zwei Kandidaten feststehen, die das Land NRW dem Bund vorschlägt. Dieser muss dann weiter auswählen und die endgültigen Vorschläge an die Unesco weiterleiten“, sagt Ministeriumssprecher Bernhard Meier. Die Entscheidung, welches Denkmal aus Deutschland in die engere Wahl kommt, wird laut Meier im kommenden Jahr die Kultusministerkonferenz treffen.
Dass die Chancen für den Fundort gut sind, steht für Gerd-Christian Weniger, Stiftungsratsvorsitzender und Direktor des Neanderthal Museums, außer Frage. „Jeder kennt den Begriff Neandertaler und hat Assoziationen damit. Insofern ist der Fundort schon jetzt im Weltgedächtnis. Es wird Zeit, dass der Ort diesen Status auch offiziell erhält“, sagt er. Zudem sei der Fundort ein Zeugnis für die Idee der Evolutionstheorie. Weniger: „Dort konnte erstmals belegt werden, dass auch Menschen eine Entwicklungsgeschichte durchlaufen haben.“
Heute sieht der Fundort ganz anders als, als in den 1980er Jahren. Aus dem Schrottplatz ist ein kleiner archäologischer Park geworden, den Landschaftsarchitekten gestaltet haben. Dort, wo die Knochen bei der letzten Grabung entdeckt worden sind, stehen rot-weiße Stangen, die an die Ausgrabungsstäbe von damals und an die weltgeschichtliche Bedeutung des Fundes erinnern sollen.