Ratingen Agenda 21 sieht Bedrohung in „Wallhöfen“

Ratingen. · Jürgen Oestereich von der lokalen Umweltinitiative kritisiert die Aussetzung von Gestaltungsregeln für das Projekt. Die Bevorzugung von Stellplätzen mit Blick auf die Klimawende ist laut ihm „pervers“.

Diese Simulation zeigt, wie die „Wallhöfe“ sich ins Ratinger Stadtbild einfügen würden.

Foto: RP/Tecklenburg Projektentwicklung

Jürgen Oestereich, Sprecher der Agenda 21 Ratingen, hat in einem Schreiben einen Eckpunkteplan formuliert, der im wesentlichen vier kritische Aspekte umfasst.

Leerstand

Der Vorgängerbau der „Wallhöfe“, das Hertie-Kaufhaus, war laut Oestereich dem Rendite-Einmaleins gefolgt, nämlich die Kapitalanlage so kurz und risikoarm wie möglich zu amortisieren. Das heißt aber auch, mit dem Schwung des Neuen ein möglichst großes Stück vom Kuchen des Nachfragepotenzials eines Einzugsgebietes an sich zu ziehen. Die zwangsläufige Folge dieser Logik wäre zunehmender Leerstand an anderen Stellen in der Innenstadt.

Das wiederum vermindere die Attraktivität der Stadt als Ganzes. „Nach einigen Jahren schlägt diese ernüchternde Tendenz, wie beim Hertie-Kaufhaus geschehen, bis zu dem einst vielversprechenden Neubau durch“, so Oestereich.

Eine Art kreativer, höherer Investorenmathematik wäre es, mit einer neuen Geschäftsidee anzufangen, für die auf jeden Fall zusätzliche Laden- und sonstige Geschäftsflächen nötig würden. Der Standort „Wallhöfe“ böte sich für so etwas mit Blick auf Düsseldorf an (der Düsseldorfer Platz ist das Ratinger Tor in Richtung Westen allgemein).

Regelverstoß

Die Aussetzung von Gestaltungsregeln, die sich die Bürgerschaft unter Auswertung langfristiger Erfahrungen selbst gegeben habe ist aus Sicht der Agenda 21 diskriminierend: Gelten die Regeln nur für die Kleinen, nicht aber für die Großen? Ein Regelverstoß wäre nur dann zu rechtfertigen, wenn er einen anders nicht zu erreichenden Gesamtgewinn brächte.

Das geplante Gebäude und seine Zukunftsperspektive würden die Fußgänger- und Käufer an das alte Hertie-Haus erinnern. Dabei käme es bei diesem Schlüsselgrundstück gleich auf drei Ansichten an: von der Wallstraße, von der Düsseldorfer Straße und, insbesondere, vom Düsseldorfer Platz, dem westlichen „Eingangstor“, her. Besonders bizarr mute da die „römische Treppe“ in Zeiten der Barrierefreiheit an. Die Stärken der Planverfasser liege offenbar nicht in kommunikationsoffenen Projekten, wie es auch ihre Internetpräsentation zeige.

Arkadenhof

Die von engagierten Bürgern in die Diskussion gebrachten Stichworte „historischer Wallgraben“ und „Schonung des Baumbestandes“ lassen an den Arkadenhof denken, ein in verschiedener Hinsicht geglücktes städtebauliches und mit den Jahren sogar schöner werdendes Projekt (dazumal von Ratinger Architekten). Könnte bei den „Wallhöfen“ nicht eine Art Gegenstück zum Arkadenhof entstehen? Könnten heute nicht sogar noch weitergehende ökologische und klimafreundliche Aspekte realisiert, gezeigt und das Thema sozialverträglicher Wohnungsbau mitbedacht werden?

Könnte das für einen weitsichtigen Investor und sein Gestaltungsteam, müsste es nicht vor allem anderen für die Ratinger Bürgerschaft als Gestalter ihrer Stadt ein Ziel sein, beispielsweise unter Andeutung eines historischen Wallgrabens und mit einem Maximum an ökologischen und klimafreundlichen Aspekten eine Art Pendant zum Arkadenhof zu schaffen?

Mobilität

Die Agenda 21 Ratingen ist im Begriff, zusammen mit deutschen Forschungsinstitutionen ein Konzept für zukunftsweisende Mobilität auch für Ratingen zu erarbeiten. Man werde es in einigen Monaten vorstellen. Wenn die Stadt es mit ihrer erklärten Klimawende ernst meine, sei es nur eine Frage der Zeit, wie und in welchem Maße sich der Individualverkehr vermindere.

Die Tendenz jedenfalls sei unumkehrbar, und je schneller sie realisiert werde, desto besser wäre es für das Klima. Vor diesem Hintergrund sei die „Obsession, mit den vorliegenden ‚Wallhöfe’-Plänen die Stellplätze in den Vordergrund zu rücken, geradezu pervers“, wie es von Oestereich heißt. Red/kle