Bücher aus Ratingen für bayrische Kinder
Buchhändler Bernd Schultz vom Buchcafé Peter & Paula hat eine Ausschreibung in der Stadt München gewonnen. EU-Regelungen machen das möglich.
Mit geruhsamen Ferien ist das wieder nichts geworden für Bernd Schultz, seines Zeichens Buchhändler. Nach seinem letzten Kabarett-Tragödchen vor der Sommerpause hätte er sich eigentlich auf die entspannte Urlaubszeit freuen können. Doch die Glücksfee hat ihm wieder mal Arbeit beschert: Er liefert bis zum Schulanfang Schulbücher aus. Allerdings nicht in Ratingen, sondern in Mülheim an der Ruhr und in München. Der EU-Ausschreibungspraxis sei großer Dank.
Mit dem nahen Mülheim kann sich der gemeine Bürger noch anfreunden. Aber München? Der Buchhändler sieht das gelassen. Die EU-Verordnung, derzufolge die Städte die Lieferungen der in den Schulen verteilten Schulbücher allen Ernstes in der gesamten Europäischen Union ausschreiben müssen, hält er zwar für „totalen Schwachsinn“, weil die deutsche Buchpreisbindung ohnehin keine Preisunterschiede zulasse. Doch in den vergangenen Jahren hat er sich immer mehr oder minder engagiert an den Ausschreibungen beteiligt.
In diesem Jahr habe er etwa 60 Bewerbungen geschrieben, die Vorgaben der Städte seien allesamt unterschiedlich. Da dürfe man keinen Fehler machen: Die Vergabekommissionen prüften die Bewerbungen ganz genau auf Vollständigkeit. Schultz erinnert sich, dass er eine Bewerbung für Ratingen vergeigt hatte, weil sein Gewerbeschein fehlte. „Ich habe auch mal vergessen, ein Kreuzchen an der richtigen Stelle zu machen.“ Auch fehlende „Referenzen in der richtigen Form“ führten zum Rausschmiss. In einem Jahr, so Schultz, hätten wegen Formfehler mal 66 von insgesamt 88 Bewerbern die Lostrommel verfehlt. Immerhin sei er aber in der Vergangenheit in seiner Heimatstadt öfter zum Zuge gekommen.
Und in diesem Jahr klappte es eben in Mülheim und München. Die Bayern hätten ihren Auftrag nur in fünf Lose aufgeteilt — das gibt einen Monsterauftrag. Für München rechnet er etwa mit bis zu 20 Tonnen Frachtgewicht: „Schulbücher sind schwer.“ Vor Leistungskursen hat er großen Respekt: So ein Chemiebuch für einen LK der Oberstufe bringe es locker auf 1,2 Kilogramm Gewicht. Da dürfe man beim Ausliefern keinen Fehler machen.
Die schlaue Fracht werde er in München auf dem Gelände einer Spedition mit ein paar Helfern für die Schulen klassenweise kommissionieren. Dann geht es zu den Schulen. Von einer hat er schon genaue Anweisungen bekommen: Das Gebäude sei denkmalgeschützt, und die Bücher müssten in die vierte Etage gehievt werden. Natürlich gibt es keinen Fahrstuhl. Eines ist auch klar: Es werden bayerische Schulbücher ausgeliefert und keine aus dem rot-grünen NRW.