Großes Projekt Defizit im Ratinger Haushalt entfacht Debatte über neue Tiefgarage
Ratingen · Gewerbesteuereinnahmen fallen wohl deutlich geringer aus. Der Bau einer Tiefgarage wird auch deshalb kritisch gesehen.
Auf die Stadt kommen offenbar neue massive finanzielle Herausforderungen zu – bedingt durch einen Einbruch bei den Gewerbesteuereinnahmen. Was Kämmerer Martin Gentzsch bereits vorige Woche angedeutet hatte, zeichnet sich jetzt immer mehr ab: Zum Erreichen des Jahressolls fehlen noch rund 35 Millionen Euro. Zusammen mit der eingeplanten Unterdeckung könnte der städtische Haushalt dann bei 40 Mio. Euro landen, die in der Bilanz fehlen.
Das hat die SPD-Fraktion direkt auf den Plan gerufen. Es geht einmal mehr um den geplanten und sehr umstrittenen Bau der städtischen Tiefgarage an der Wallstraße, den die Fraktion rigoros ablehnt. „Wir möchten lieber unsere Mittel für Zukunftsaufgaben wie Schulen, Kitas und ÖPNV investieren“, so SPD-Fraktionsvorsitzender Christian Wiglow.
Mit dem im November 2022 gefassten und 2023 bestätigten Baubeschluss erweise sich die Tiefgarage als immer teurer werdendes Millionengrab, „für das jetzt nochmals rund 2,7 Millionen Euro nachgeschossen werden müssen bei geplanten Gesamtkosten von 17,5 Millionen Euro“. Und das werde bestimmt nicht die letzte Steigerung sein, so Wiglow.
„Sind bei Projektstart noch 24 750 Euro pro Stellplatz kalkuliert worden, lagen bei Beschlussfassung die Kosten bei irrwitzigen 68 100 Euro pro Stellplatz“, erklärte der Fraktionschef. „Durch die Verhandlungen gab es einen Nachschlag des Investors, der den Stückpreis minimal auf rund 63 000 Euro reduziert – immer noch sechsmal mehr als die Ablöse von 10 000 Euro, die Tecklenburg pro Stellplatz zahlte“, betonte Wiglow. Insgesamt ist eine solche Investition nach Ansicht der SPD-Fraktion heutzutage „unakzeptabel und nie und nimmer wirtschaftlich“.
Es wäre zumindest zu prüfen gewesen, ob „es sich hier um eine zulässige Beihilfe eines privaten Investors handelt oder eben nicht“, meinte der Politiker. Das EU-Recht sei hier durchaus kritisch. Für die SPD-Fraktion ist klar: Man muss den Beschluss zum Bau der Tiefgarage revidieren.
Bürgermeister Pesch: Ratingen braucht mehr Parkplätze
Bürgermeister Klaus Pesch hatte kürzlich betont, dass es sich bei der neuen Tiefgarage auch um eine Glaubensfrage handele. Der Verwaltungschef ist jedenfalls überzeugt, dass die Stadt mehr Parkplätze brauche. Wann das Projekt konkret realisiert wird, ist noch nicht klar – möglicherweise ab dem Jahr 2025. Dass alle städtischen Parkhäuser sehr unterschiedlich genutzt werden, wollte Pesch nicht verhehlen.
Die Fraktion der Bürger Union (BU) hatte in einem früheren Schreiben betont: Seit Oktober 2023 ist die neue Tiefgarage Wallhöfe für Kurzzeitparker geöffnet, seit Februar 2024 ist die sogenannte Parkierungstechnik in Betrieb. So stehen etwa 130 moderne Stellplätze nicht nur für die Kunden der Einzelhandelsbetriebe der Wallhöfe, sondern für alle Besucher der Innenstadt zur Verfügung.
Es sei jedoch zu beobachten, dass die Auslastung der Tiefgarage im Vergleich zur Auslastung der Stellplatzanlagen unter dem Rathaus oder am Medienzentrum relativ gering ausfällt, obwohl dort zu den exakt gleichen Konditionen geparkt werden kann.
So bilden sich zu Haupteinkaufszeiten lange Schlangen mit wartenden Kfz vor der Einfahrt zur Tiefgarage Rathaus, die nicht selten zu Verkehrsbeeinträchtigungen auf der Grabenstraße führen, während gleichzeitig Dutzende von Stellplätzen in den Wallhöfen ungenutzt bleiben, so die Fraktion der BU.
Diesen Missstand gilt es laut BU, im Sinne der Kunden sowie der Ratinger Einzelhändler insgesamt abzustellen, denn schließlich sind von beiden Parkhäusern der Marktplatz und die Ratinger City in wenigen Minuten fußläufig zu erreichen. „Infolgedessen möchten wir anregen, zukünftig das neue Parkhaus in die neue Ratingen App aufzunehmen, möglichst in die Echtzeitanzeige, die sicherlich viele der etwa 14 000 Nutzer bei der Parkraumsuche berücksichtigen“, hieß es in dem damaligen Antrag.