Die Therapeutin auf vier Pfoten

Der Golden-Doodle hat eine Ausbildung als Therapiehund. Spielerisch macht Amy Schüler wie Can fit fürs soziale Leben.

Foto: Dietrich Janicki

Ratingen. Can (11) liegt quietschfidel mit der Golden Doodle-Hündin am Boden. Wer den glücklich lächelnden Schüler beim Toben mit Kuschelhund „Amy“ beobachtet, merkt erst auf den zweiten Blick, dass er an einer schweren Entwicklungsstörung leidet. Can ist Autist, bei ihm wurde das Asperger-Syndrom diagnostiziert. Weil die Friedrich-Ebert-Schule (FES) seit zwei Jahren eine inklusive Schule ist, in der das gemeinsame Leben und Lernen von Menschen mit und ohne Handicap zur Normalform werden soll, besucht er hier die 6. Klasse.

Die Hündin ist Assistentin und wichtiges Therapeutikum zugleich öglich machen das auch die beiden Sonderpädagoginnen Melanie Sloot-Gleimann und Eva Samboll sowie Therapeuten. So wie Anke Irrgang eine ist. Sie kennt die Schwachstellen ihres Zöglings. Seine kognitiven Fähigkeiten sind vollkommen in Ordnung, in den Bereichen Kommunikation und soziale Kompetenzen ist er defizitär. Außerdem ist es schwierig für ihn, sich Handlungsabläufe zu merken.

„Ich versuche, ihn alltagstauglich im Sinne von lebensfit zu machen.“ Wichtigste Assistentin ist dabei die Hündin. „Sie ist das wichtigste Therapeutikum“, denn mit dem Therapiehund lernt der Junge, auf Körpersignale zu achten, sie zu verinnerlichen. „Anders als Menschen können Hunde sich nicht verstellen“, beschreibt Therapeutin Irrgang. „Vor allem werten Hunde nicht“, Menschen dagegen weisen gerne auf Defizite hin oder machen sich über sie lustig. Wobei Sonderpädagogin Melanie Sloot-Gleimann betont: „Can ist in seiner Klasse super integriert.“

Klar hat er „seine Schwierigkeiten, aber die Klassenkameraden akzeptieren ihn, übernehmen Verantwortung“ und behandeln ihn wie andere Kumpels auch. „Unser Blick geht in der täglichen Begleitung dahin, was für alle gut ist“, sagt Sloot-Gleimann. In Absprache mit den Klassen- und Fachlehrern soll immer das Ziel realisiert werden, mit den vier Inklusionskindern „so viel gemeinsames Lernen wie möglich zu fördern“.

„Amy ist toll und ganz außergewöhnlich“, lobt Can seine vierbeinige Lernhilfe, mit der er übt, sonderbare oder auffällige Verhaltensweisen in den Griff zu bekommen. Diese Lehreinheiten sind oft spielerisch. Beispielsweise beim Würfeln. Can und Anke Irrgang würfeln per Hand, Amy stupst ihren mit der Schnauze. Beim Spiel um die höchste Augenzahl macht Amy das Rennen - und Can gönnt dem Wuschelhund den Sieg. „So lernt er, dass er nicht neidisch sein muss“, weiß die Therapeutin.

Auch beim Wackelturmbau spielt Amy eine Rolle. Sie apportiert die Klötze auf denen die Anzahl der aus dem Turm zu ziehenden Hölzer markiert ist. „Amy, hol’ die Drei“, fordert er. Amy guckt ihn groß an — und bleibt liegen. „Wie heißt das richtige Kommando?“, fragt Anke Irrgang. „Amy, such!“, grinst Can - und Amy trabt los. Über die jeweils auf den gezogenen Holzblöcken notierten Fragen kommen die beiden ins Gespräch. Im „auf die Cousine aufpassen“ möchte Can gerne besser werden. „Ich bin manchmal noch zu grob zu ihr.“ Und hätte er drei Wünsche frei, wäre er erstens gerne reich und würde zweitens gerne seine Star-Wars-Sammlung komplett haben. Amy wünscht er ein ewiges Leben.

Autismus und das Asperger-Syndrom sind nicht heilbar. „Dank des Therapiehundes erreichen wir aber gesteckte Ziele deutlich schneller.“ Mit der Inklusion an der FES geht es im kommenden Schuljahr weiter. Derzeit stehen sechs weitere Kinder mit Förderschwerpunkt Lernen sowie soziale und emotionale Entwicklung auf der Anmeldeliste.