Ein kaltblütiger Hauptdarsteller
Haflinger Timmy hat mit Hobbylandwirt Georg Frohnhoff eine tragende Rolle im Stück „Michel aus Lönneberga“.
Ratingen. Timmy lässt sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen. Ob das Publikum an der Naturbühne Blauer See johlt, die Kinder vor Begeisterung kreischen, die Schauspieler in den Teich plumpsen oder Strohpuppen aus explodierenden Klohäuschen im hohen Bogen durch die Luft fliegen — das alles lässt Timmy recht kalt.
Er hasst nur eins: Mücken. Da wirft der hellbraune Haflinger unwillig den Kopf hoch und peitscht mit seinem Schweif die Plagegeister weg.
„Der Blaue See ist ein echtes Mückenloch“, sagt Georg Frohnhoff, der mit dem 22-jährigen Pferd fester Bestandteil der „Michel aus Lönneberga“-Aufführungen ist. Und so haben Frohnhoff auch die Mücken mehr Kopfzerbrechen bereitet als seine Rolle im Stück: Er mimt den stummen Knecht Oskar — hatte also keinen Text zu lernen.
Timmy spielt „Lukas“, auf dessen Rücken sich der schelmische Michel in einer Szene aus dem Staub macht. Außerdem zieht der Haflinger mit Karacho die Kutsche über die Bühne.
Was ihren Auftritt am Blauen See betrifft, sind Georg Frohnhoff und Timmy „alte Hasen“: „Wir waren schon 2005 bei einer anderen Michel-Aufführung dabei“, sagt der 60-Jährige, dessen Markenzeichen ein wilder Lockenkopf und ein mächtiger Rauschebart sind. Und Ende der 1990er-Jahre war er — mit anderen Pferden — bei zwei Operettenproduktionen auf der Naturbühne dabei. Die Ratinger kennen ihn außerdem seit 20 Jahren als Herold der Schützenzüge in Ratingen und Lintorf, seit 1976 ist er auch bei den Martinszügen dabei.
Zur aktuellen Michel-Produktion kam er eher zufällig: Regisseur Ralph Reiniger hatte ein Kaltblut gesucht, über Umwege wurde ihm Frohnhoff empfohlen. Doch: „Die Schauspieler wollten die Kutsche selbst fahren. Das geht aber nicht so einfach, wie es aussieht. Das Risiko wäre viel zu groß gewesen — fürs Tier und fürs Material“, sagt Frohnhoff. Auch forderte er mehr Platz auf der Bühne, wenn er mit dem Gespann über den Katthult-Hof braust.
Wichtig war aber auch, dass die Akteure mit dem gutmütigen Haflinger zurechtkommen. „Das hat gut geklappt. Die Hannah, die den Michel spielt, hatte keine Berührungsängste.“ Und ihre Feuertaufe auf Timmy hat sie auch bestanden: Nach dreimal Streicheln ist sie geritten — wie vorgesehen ohne Sattel.
Lange proben mussten Frohnhoff und Timmy nicht. „Beim ersten Mal waren wir eine Viertelstunde dabei — ohne große Vorbereitung. Ich brauch’ mich ja nicht umzuziehen und auch nicht in die Maske.“
Zu allen Aufführungen „reist“ Frohnhoff mit Timmy eigens an. Auf seinem Hof im Angertal wird die Kutsche angeschirrt, dann geht es eine gute halbe Stunde auf oft schlammigen Wegen durch den Wald zur Naturbühne. Nach der Aufführung fährt er wieder zurück. Nur drei Mal wird Fronhof in der Spielzeit nicht dabei sein können:
An diesem Wochenende ist er beim Reitturnier in Aachen, und bei den Schützenumzügen in Ratingen und Lintorf will er auch auf jeden Fall dabei sein. Vertreten wird er dann durch seine Tochter, die mit Timmy auch schon bei den Proben mitgemacht hat.
Besonders stolz auf das Pferd ist übrigens Anke Kaynig: Der schwer behinderten jungen Frau gehört der Haflinger. Ihre Eltern haben ihn vor 20 Jahren gekauft — fürs therapeutische Reiten.