Ratingen „Er war schon immer ein Kämpfer“

Ratingen. · Wilhelm Tellmann (80) lag insgesamt 38 Tage auf der Intensivstation des Marien-Krankenhaus. Nun geht es ihm deutlich besser.

Wilhelm Tellmann sprach nach wochenlanger intensiver Behandlung zum ersten Mal mit seiner Frau am Telefon.

Foto: RP/Marien-Krankenhaus

„Ich bin heilfroh, dass er das überlebt hat“, sagt Elfriede Tellmann. Zwar sei die Beweglichkeit ihres Mannes Wilhelm noch eingeschränkt, aber dafür sei seine Stimme wieder klar. „Ich habe mit ihm sogar schon telefoniert, seitdem er von der Intensivstation entlassen worden ist“, sagt die
71-Jährige.

Ihr neun Jahre älterer Mann erkrankte Anfang März an dem Coronavirus. Als er ins Sankt-Marien-Krankenhaus eingeliefert wurde, war sein gesundheitlicher Zustand so schlecht, dass er sofort auf der Intensivstation maschinell beatmet werden musste. „Die Ärzte wussten nicht, ob er überleben würde“, erklärt Krankenhaus-Pressesprecherin Gina Viola. Er war der erste schwererkrankte Sars-CoV-2-Patient im Marien-Krankenhaus.

Der pensionierte Landwirt kam aus dem Österreich-Urlaub zurück

Mit Nachdruck seiner Ehefrau Elfriede ließ sich Wilhelm Tellmann am frühen Morgen des 15. März überzeugen, den Notarzt zu kontaktieren. „Er bekam zu dem Zeitpunkt zunehmend schwer Luft“, sagt Elfriede Tellmann. Der Landwirt im Ruhestand war kurz zuvor noch aus seinem Wanderurlaub in Österreich zurückgekehrt. „Diese Entscheidung war goldrichtig und möglicherweise beinahe zu spät“, erklärt Chefarzt Dr. Markus Freistühler, der ihn seither intensiv betreute. Fortan wurde er auf der Intensivstation des Krankenhauses mit Sauerstoff versorgt. Kurze Zeit nach der Aufnahme bestätigte sich, was die typischen Symptome einer Infektion – trockener Husten sowie Fieber und der Aufenthalt in einem Risikogebiet – bereits vermuten ließen: Tellmann hatte sich mit dem Coronavirus infiziert.

Mit 80 Jahren und einigen Vorerkrankungen gehört Tellmann zur Gruppe der Hochrisikopatienten. „Wir haben von Anfang an alles uns Mögliche getan, um unseren Patienten bestmöglich zu versorgen. Dennoch waren die Prognosen lange Zeit nicht gut. Wir wussten nicht, ob er es schaffen würde“, sagt Dr. Freistühler.

Insgesamt 38 Tage lag Tellmann auf der Intensivstation, an Schläuche angeschlossen und nicht ansprechbar. „Das war eine sehr schwere Zeit für mich“, sagt seine Frau, die sich auch mit dem Virus infizierte, aber keine Symptome entwickelte und daher auch nicht stationär behandelt wurde. „Nach einer zweiwöchigen Quarantäne habe ich es anscheinend überstanden“, sagt sie und dankt auch ihrer Hausärztin für die permanente Unterstützung.

Langsam besserte sich dann der Allgemeinzustand ihres Mannes und das, was zunächst für nicht möglich gehalten wurde, trat ein: Tellmann konnte allmählich von der Beatmung entwöhnt werden. „Unsere Erfahrung im Umgang mit hochkomplexen Beatmungspatienten hat uns bei der Behandlung geholfen. Dennoch sind wir an die Grenzen des Möglichen gestoßen. Wir arbeiteten im Grenzbereich, was die medizinische Versorgung betrifft, aber auch die körperliche Belastung. Unter der Schutzausrüstung wird es schnell sehr heiß. Wenn wir körperlich arbeiten, fällt das Atmen unter den Atemschutzmasken nach einiger Zeit schwer“, schildert Miles Smet­hurst, Stationsleiter der Intensivstation, die Situation.

Tellmann liege mittlerweile auf der Normalstation und erhole sich gut. „Herr Tellmann ist nun so stabil, dass das Team aus Ärzten und Pflegern sogar einen ‚Fensterbesuch‘ der Familie ermöglichen konnte. In Zeiten des Besuchsverbots ist die transparente Kommunikation zu den Angehörigen besonders wichtig“, sagt Pressesprecherin Viola. So wurde die Ehefrau täglich telefonisch über den Zustand Ihres Mannes informiert. „Ich bin darüber sehr dankbar, dass ich immer einen Ansprechpartner hatte“, sagt Elfriede Tellmann.

In der vergangenen Woche positionierten sich dann Elfriede mit Tochter Gabi Kammann sowie Enkeln an der Straße und winkten fleißig Richtung Patientenzimmer im zweiten Obergeschoss. Gleichzeitig hielt ein Physiotherapeut ein Handy ans Ohr Tellmanns, sodass er mit seiner Frau erste Worte wechseln konnte. Da die Kraft noch nicht ausreicht, um zu winken, unterstütze der Chefarzt ihn dabei, indem er den Arm stützte. „Ich wusste, dass mein Mann das schaffen würde. Er war schon immer ein Kämpfer“, freut sich Elfriede Tellmann. Kurz vor seiner Erkrankung habe ihr Gatte einem befreundeten Landwirt noch tatkräftig geholfen.

Dr. Markus Freistühler möchte mit der Geschichte Mut machen, wie er sagt. „Auch für uns ist das Virus neu, und wir lernen die Krankheitsverläufe gerade erst kennen. Deshalb ist es mir umso wichtiger, die Öffentlichkeit auch an diesen positiven Verläufen teilhaben zu lassen. Auch für mich persönlich ist es ein großer Erfolg, unseren ersten schwer erkrankten Sars-CoV-2-Patienten auf diesem guten Weg zu sehen.“