Griechen haben Angst um ihr Land
Die in Ratingen lebenden Griechen beschreiben die Situation als Nervenkrieg und Ausnahmezustand.
Die Stimmung ist gedrückt, die Lage sehr ernst. Es wird heftigst diskutiert am griechischen Zentrum in Ratingen. „Was für ein Happy End könnte es geben?“, fragt Georgios Melikidis. Referendum hin oder her: Auch wenn das Land Mitglied in der Währungsunion bleiben sollte, die Zukunft sieht insgesamt alles andere als rosig aus. Eine mögliche Rückkehr zur Drachme würde den Austritt bedeuten — „und großes Chaos. Keiner weiß, was dann passiert“. So wie er sind viele Landsleute mit „gemischten Gefühlen“ unterwegs. Sie sprechen von der chaotischen Situation, dem Vakuum in Sachen Tourismus, der gefühlt ewig andauernden Hängepartie.
Viele wissen von Verwandten und deren Qual. Dass aus Bankautomaten plötzlich kein Geld mehr kommt, hätte trotz der Ankündigungen niemand ernst genommen. „Und dann mussten die Rentner Schlange vor Banken stehen, die nur ihretwegen aufgemacht hatten.“ Jetzt würde Bargeld so gut es geht gehortet und in die Supermärkte gesprintet, um Vorräte anzulegen.
Und selbst, „wenn Geld vom Himmel fallen würde, wären die Probleme doch nicht gelöst“, sagt einer. Eine „generelle Neustruktur muss her“, sagt Dimitrios Vouros. „Denn Griechenland ist pleite.“ Dass man im Land „lange über die eigenen Verhältnisse gelebt hat, stimmt“, keiner bestreitet das.
Georgios Melikidis, lebt mit seiner Frau in Ratingen
Beamte hätten zum Beispiel maßlos viel verdient, aber dass dann plötzlich Gehälter um 50 Prozent reduziert wurden, wie Panagiota Balagka von befreundeten Lehrern weiß, hatte ebenso fatale Folgen. Denn auf Basis ihrer gut dotierten Verträge haben sie Kredite aufgenommen, die sie nach der 50-Prozent-Reduzierung nun nicht mehr bedienen können. „Über Jahre hat die Politik versagt“, fasst Panagiota Balagka zusammen. Würden jetzt aber Alexis Tsipras und Gianis Varoufakis zurücktreten, fragt er, „was käme dann?“
„Es ist herrscht doch schon Ausnahmezustand. Hoffentlich wird es nicht noch schlimmer“, sagt Georgios Melikidis. Der Mann ist studierter Psychologe, seine Frau lernte er an der Uni Münster kennen. Zusammen gingen sie zurück nach Griechenland. Die endgültige Entscheidung, zurück nach Deutschland zu gehen, traf er vor drei Jahren. „Wir sind weggezogen, weil ich mich gefragt habe, was für eine Zukunft wir in Griechenland haben.“
Vor allem packten sie die Koffer, weil sie für ihre inzwischen neunjährige Tochter „keine Perspektive“ sahen. Wie so viele andere ihres Alters würde sie in Griechenland zur „verlorenen Generation“ zählen. Also zogen sie zurück nach Ratingen. Wie ihre griechischen Landsleute werden sie die weiteren Geschehnisse genau verfolgen. Tun können sie allerdings nichts. Eine ernüchternde Situation für die griechischen Bürger in Ratingen.